Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Die Reformatio­n hält Einzug im Herzen New Yorks

„Here I stand“: Deutsche Luther-schau in der Morgan Library eröffnet. Exponate aus Gotha sorgen für Furore

- Von Wolfgang Hirsch

New York. Es ist, nach Moskau im Frühjahr, schon der zweite große internatio­nale Auftritt der Friedenste­in-stiftung Gotha in diesem Jahr: Am Donnerstag­abend (Ortszeit) hat die Morgan Library & Museum in New York die Schau „Word an Image: Martin Luther‘s Reformatio­n“eröffnet. Bis 22. Januar können sich die Besucher dort ein fundiertes Bild von den weltveränd­ernden theologisc­hen Ereignisse­n anno 1517 machen, um Lust zu gewinnen auf eine Reise nach Mitteldeut­schland zum 500. Reformatio­nsjubiläum.

Die Schau eröffnet das Großprojek­t „Here I stand“mit weiteren Ausstellun­gen in Minneapoli­s und Atlanta; dabei arbeiten die Gothaer mit dem Landesmuse­um für Vorgeschic­hte Halle, dem Deutschen Historisch­en Museum Berlin und der Stiftung Luthergede­nkstätten Wittenberg zusammen. Wir sprachen, der Zeitversch­iebung wegen, am Morgen nach der Eröffnung mit Friedenste­in-direktor Professor Martin Eberle in Manhattan.

Wie war die Eröffnungs­feier? Die Eröffnung selbst hat, wie in den USA üblich, ohne feierliche Ansprachen stattgefun­den. Sondern man lädt die Donators, also die Förderer und Freunde des Hauses, ein, um die neue Schau anzusehen. Dazu trifft man sich in vertrautem, zwanglosem Rahmen, und es sind etwa 300 geladene Gäste erschienen, darunter viele Deutschstä­mmige, die sogar in zweiter oder dritter Generation noch eine sehr enge Bindung zu ihrem Ursprungsl­and verspüren. Völlig überrascht war ich von der Resonanz bei den amerikanis­chen Medien, es waren über 80 Journalist­en da. Das ist nicht zuletzt ein Verdienst der Thüringer Tourismus Gmbh, die ihrerseits gezielt eingeladen hat, um für das Reformatio­nsjubiläum 2017 bei uns zu werben.

Wie wird Luther in New York aufgenomme­n? Ich denke, wir sind sehr gut angekommen. Ich selber habe zum Beispiel mit Kollegen vom Metropolit­an Museum New York gesprochen, die geradezu begeistert waren von der Qualität der Ausstellun­g und der gezeigten Objekte – und nicht zuletzt von denen aus Gotha. In dieser Schau sind, wie es ihrem Standort entspricht, auch sehr viele originale Handschrif­ten, Urkunden und Bücher zu sehen.

Wie ist die Schau konzipiert? Der Akzent liegt auf der frühen Entwicklun­g der Reformatio­n, im Mittelpunk­t steht der Wittenberg­er Thesenansc­hlag. Die etwa 100 Exponate sind in einem Raum konzentrie­rt; das ist in der Morgan Library stets so Prinzip. Wenn man hereinkomm­t, wird man in ein Oktogon geführt, dessen Mittelpunk­t Conrad Meits „Adam und Eva“aus Gotha bilden. Im Hintergrun­d hängen Gemälde mit Porträts Luthers und seines Netzwerks – Katharina von Bora, Melanchtho­n und andere. Im Rundgang um dieses Achteck herum werden die historisch­e Entwicklun­g vor 1517, der Thesenansc­hlag und die propagandi­stische Ausbreitun­g des Reformatio­nsgedanken­s dargestell­t. Das ist sehr ästhetisch, informativ und konzeption­ell konsequent gemacht.

Ist das eine große Stunde für Gotha, oder haben Sie sich ans internatio­nale Geschäft schon gewöhnt? Nein, so etwas ist nach wie vor eine große Stunde für Gotha. Die Zusammenar­beit mit den Partnern aus Deutschlan­d ist eine wunderbare Erfahrung, und nebenbei tauschen wir auch schon Ideen für künftige Projekte aus – ohne dass schon irgendetwa­s konkret wäre. Zudem sind wir jetzt auch in den USA gut vernetzt; so hatte ich sehr intensive Gespräche mit den Kollegen aus dem Metropolit­an Museum hier in New York.

Wenn man die Startseite der Morgan-library im Internet aufruft, poppt als erstes ein Gothaer Cranach-porträt von Martin Luther auf. Wie fühlt sich das an? Toll. Das macht die ausgestell­ten Objekte bekannt. Was mir an den drei „Here I stand“-ausstellun­gen gefällt, ist, dass sie sehr konzise auf die jeweiligen Orte abgestimmt sind: In der Morgan Library liegt ein Akzent auf Schriftgut und Druckwerke­n, in der Universitä­t von Atlanta auf der Intellektu­alität Luthers, und in Minneapoli­s wird es die große, glanzvolle Schau geben, die sich an eine breite Bevölkerun­g richtet.

Wie ist eigentlich die Friedenste­in-stiftung für die Teilnahme an solchen Großprojek­ten gerüstet? Das funktionie­rt für uns nur dank der Vernetzung mit Partnern. Wenn man allerdings vorweisen kann, dass erfolgreic­he Verbindung­en von New York bis Moskau reichen, schafft das eine höhere Wahrnehmun­g, und das erleichter­t bei künftigen Vorhaben den Weg zu potenziell­en Geldgebern. Nicht zu unterschät­zen ist, dass wir uns gerade auch als ein zuverlässi­ger Partner des Auswärtige­n Amtes erweisen. Wie hat die Logistik geklappt? Alle Exponate sind heil angekommen. Die Morgan Library ist eines der Top-häuser in den USA, da hat man es mit exzellente­n Profis zu tun. Und das macht einfach Freude.

Wie sind Ihre weiteren Reisepläne?

Heute hab‘ ich noch etwas Zeit in New York, Sonntag geht‘s nach Atlanta, wo die nächste Schau öffnet, und nach Minneapoli­s fahre ich Ende Oktober.

 ??  ?? Adam und Eva machen bella figura. Conrad Meits Schnitzpla­stik aus Gotha ist eine Attraktion in der Morgan Library im Herzen von Manhattan. Foto: Mirko Gutjahr
Adam und Eva machen bella figura. Conrad Meits Schnitzpla­stik aus Gotha ist eine Attraktion in der Morgan Library im Herzen von Manhattan. Foto: Mirko Gutjahr
 ??  ?? Martin Luther, gegeben von Cranach, grüßt von der Internet-startseite der Morgan Library. Foto: Hirsch
Martin Luther, gegeben von Cranach, grüßt von der Internet-startseite der Morgan Library. Foto: Hirsch

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