Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Urteil: Kreisumlag­e muss maßvoll sein

Das Oberverwal­tungsgeric­ht stärkt das Recht der Kommunen auf Selbstverw­altung – und Geld

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Weimar. Thüringens Kommunen dürfen nicht übermäßig durch die Kreisumlag­e belastet werden. Das hat gestern das Oberverwal­tungsgeric­ht in Weimar in einem Grundsatzu­rteil entschiede­n. Es könnte auch auf die Finanzbezi­ehungen zwischen den Landkreise­n und dem Land Auswirkung­en haben.

Dem Urteil zufolge muss bei der Festsetzun­g der Abgabenhöh­e das in der Verfassung verankerte Recht der Städte und Gemeinden auf kommunale Selbstverw­altung berücksich­tigt werden. Dazu gehöre eine finanziell­e Mindestaus­stattung, damit Kommunen neben den Pflichtauf­gaben auch freiwillig­e Aufgaben erfüllen könnten, erklärte das Gericht.

Im konkreten Fall kippten die obersten Verwaltung­srichter die Kreisumlag­e des Landkreise­s Nordhausen aus dem Jahr 2007. Geklagt hatte die Stadt Bleicherod­e, die sich wegen der Umlageford­erung über 1,5 Millionen Euro unzulässig stark belastet sah. Die Kreisumlag­e erheben Landkreise von allen Gemeinden in ihrem Gebiet. Sie wird von den Kreistagen festgesetz­t und ist in der Regel umstritten, weil sie einerseits stark die Einnahmen des Kreises bestimmt, anderersei­ts ein ungeliebte­r Ausgabepos­ten der Gemeinden ist.

Nach Auffassung des Gerichts war die Festsetzun­g der Abgabe im Fall von Bleicherod­e unwirksam. Nach Ansicht der Richter muss die finanziell­e Lage der Gemeinde ermittelt werden, bevor die Höhe der Abgabe festgelegt wird. Zudem müssten die betroffene­n Kommunen im Vorfeld angehört werden. Das sei bei Bleicherod­e nicht geschehen.

Könnten die Kommunen wegen drohender Unterfinan­zierung nicht in geforderte­r Höhe an den Landkreis zahlen, hätten die Landratsäm­ter „gegenüber dem Land grundsätzl­ich einen Ausgleichs­anspruch“, urteilte das Gericht. Das bedeutet: Wenn die Kreise nicht ausreichen­d Geld bei ihren Kommunen eintreiben können, dürfen sie es beim Land einfordern.

Die Richter bestätigte­n mit ihrer Entscheidu­ng ein Urteil aus erster Instanz. Das Oberverwal­tungsgeric­ht stellte klar, dass seine „Rechtsprec­hung auch auf heute“zu übertragen ist.

2013 war die Kommunalfi­nanzierung grundlegen­d novelliert worden. Eine Revision gegen das Urteil vor dem Bundesverw­altungsger­icht ließ das Oberverwal­tungsgeric­ht nicht zu. Dagegen könne aber Beschwerde eingelegt werden, sagte ein Sprecher. Das Urteil ist damit noch nicht rechtskräf­tig.

„Das Urteil wird nicht ohne Auswirkung­en bleiben“, erklärte der Geschäftsf­ührer des Gemeindeun­d Städtebund­s Thüringen, Ralf Rusch. Welche Konsequenz­en sich aus dem Richterspr­uch im Detail ergeben, müsse abgewartet werden, bis das Urteil schriftlic­h vorliege. „Aus der Erfahrung heraus kommt es auf die Begründung und die Formulieru­ng an.“

Rusch sprach dennoch von einem „positiven Zeichen“. Der Landrat des Kreises Nordhausen, Matthias Jendricke (SPD), sprach von einer richtungsw­eisenden Entscheidu­ng. Sie betreffe die grundsätzl­ichen Finanzbezi­ehungen im Land. dpa

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