Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Ein Spatz träumt sich zum Kommissar
Bei der Herbstlese ließ Autor Heinrich Steinfest seiner Fantasie freien Lauf – und ging dabei an die Grenzen der Realität
Erfurt. Was soll man von einem Spatz halten, der auf einem Pariser Bahnhof lebt und sich von Fast-food-resten ernährt. Ist das noch ein richtiger Spatz? Und was, wenn der sich in der Natur seine Nahrung suchen müsste – wäre er nicht verloren?
Was anfängt wie ein Exkurs über die Folgen der Domestizierung von Tieren in Stadtlandschaften, ist für den Autor Heinrich Steinfest nur der Anfang von sehr viel schriftstellerischer Fantasie. Sein Spatz Quimp stellt sich die Sinnfrage seines Seins jedenfalls gleich mal selbst – und macht sich auf den Weg in eine Welt voller Abenteuer und Herausforderungen.
Einmal mehr machte Steinfest bei der Herbstlese seinem Ruf eines Autors mit überbordendem Einfallsreichtum alle Ehre. Nicht nur, dass sein Spatz Quimp träumt wie ein Mensch und sich dabei in der Rolle eines Kriminalkommissars erlebt – in einem parallelen Handlungsstrang gibt es mit Kommissar Blind eine menschliche Entsprechung, die sich ihrerseits – wie könnte es auch anders sein – des nachts in die Spatzenrolle hineinfabuliert.
Das war bei der Lesung im Augustinerkloster durchaus vergnüglich anzuhören, hat aber wohl nicht alle im Publikum überzeugt. Als da also Fastfood-quimp sehr plastisch über die Ähnlichkeiten von Regenwürmern und geringelter Eichhörnchenkacke sinnierte, konnte man durchaus den einen oder die andere im Publikum überfordert den Kopf schütteln sehen.
Schön zu erleben war freilich, wie der Autor selbst wohl immer wieder über das Eigenleben seiner Figuren staunen kann. Warum sollten es auch keine Verbindung von Kampfspatzen und V2-raketen geben? Oder Wrack eines Flugzeuges, dass doch eigentlich erst in einigen Monaten spurlos verschwinden wird? Ich denke es, also ist es.