Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Probieren geht über studieren
Ob diese ungewöhnliche Versetzung ihre Vorurteile abbauen wird? Weil sich zwei Fußballprofis von Sparta Prag gegenüber einer Schiedsrichter-assistentin unflätig benommen und sie „zurück an den Herd“gewünscht hatten, wurden ihnen nun zusätzliche Trainingseinheiten auferlegt – mit der Frauenmannschaft ihres Vereins.
Es gibt gewiss schlimmere Strafen, als mit sportlichen Damen vor den Ball zu treten. Doch wir können uns gut vorstellen, was sich die beiden Machos anhören dürfen, wenn ihnen dabei mal die Kugel verspringt oder ein Fehlpass unterläuft. Vielleicht werden sie aber auch nach dem Training zum Mittag eingeladen. Es soll prima Köchinnen geben, die gut Fußballspielen können. Und umgekehrt.
Nicht nur beim Essen geht probieren über studieren. Uns Sportjournalisten erweitert es nicht selten den Horizont, wenn wir uns einmal selbst in dem Sport versuchen, über den wir berichten. Neben den jährlichen Fußballspielen gegen die Kollegen aus Sachsen und Sachsen-anhalt, die jedes Mal ziemlich schmerzhafte Lerneinheiten darstellen, nahmen wir Thüringer schon ganz verschiedene Sportarten in Angriff.
So ging es einst auf dem Suhler Friedberg um Reaktion und Präzision, als die Tontauben vom Himmel geholt wurden. Okay, es gab auch einige Luftlöcher. Aber vor allem der erfahrene Kollege W. erwies sich seinerzeit als wahrer Meisterschütze, als er (wie sonst nur mit Worten) gar aus der Hüfte schoss und Volltreffer landete.
Nur ein paar Kilometer entfernt, auf der Oberhofer Eisbahn, waren später auch Mut und Konzentration gefragt. Wer einmal auf dem Rennschlitten zu Tal gerast ist, weiß um die Schwierigkeit des Rodelns. Eine Unaufmerksamkeit, ja schon die kleinste Bewegung, kann folgenreich sein. Die Ideallinie fand damals der unerschrockene Kollege J., der auf der Jagd nach der schnellsten Zeit außerdem einen „gewichtigen“Vorteil besaß.
Auch beim Skilaufen in der Oberhofer Skihalle, beim Tischtennis in Mühlhausen oder beim Basketball in Gotha – die Selbsttests mit den Profis brachten neben jeder Menge Spaß auch häufig ganz neue Erkenntnisse. Und sie animierten uns nicht zuletzt zur „Probetraining“-serie, die sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Auch, weil darin regelmäßig Sportarten beleuchtet werden sollen, die nicht immer im Rampenlicht stehen, aber nicht minder interessant sind.
Unser Volontär Martin Lücke war in den vergangenen Wochen zum Bogenschießen, beim Segeln und Baseballspielen – und kehrte stets begeistert zurück. Die Vorschläge auf seinem Schreibtisch stapeln sich.
Ob er jedoch die Ausdauer wie Ilija Trojanow besitzt, müssen wir abwarten. Der bulgarische Autor probierte sich für sein Buch „Meine Olympiade“innerhalb von vier Jahren in 80 Disziplinen der Olympischen Sommerspiele. Ein Ausloten der Grenzen der körperlichen und psychischen Belastbarkeit. Trojanow lernte Judo in Japan, warf Diskus, Speer und Hammer, hob schwere Gewichte, bezwang im Kajak das Wildwasser, boxte in einem legendären „Gym“im New Yorker Stadtteil Brooklyn, er lief im Hochland von Kenia und sprang vom Wasserturm.
Ob er auf seiner Reise durch die Sportwelt auch hinter die Geheimnisse des Schachs kam, wissen wir nicht. Kollege E. allerdings vermisst den hölzernen Schach-computer, der vor diversen Rochaden innerhalb des Hauses seinen festen Platz in der Sportredaktion hatte. Spätabends oder auch mal zwischendurch kam es nicht selten zu Blitzpartien zwischen Mensch und Maschine. Und mit jeder Niederlage wuchs der Respekt vor den Meistern des königlichen Spiels.
Der Computer ist weg. Eines jedoch ist geblieben. Damals wie heute fragen Kollegen aus den anderen Ressorts hin und wieder, ob Schach denn überhaupt ein Sport sei.
Wir werden sie mal zu einer Trainingsstunde mit Elisabeth Pähtz schicken. Diese Machos.