Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Bayerische Kombinatio­n auf dem rechten Weg

Müller und Kimmich, ein ungewöhnli­ches Gespann, sorgen für mehr Effizienz vor dem Tor

- Von Kai Schiller und Jörn Meyn

Hamburg. Man kann sich Thomas Müller auch als Zivildiens­tleistende­n vorstellen. Wie er im Altenheim die Opas mit Witzen auf heitere Gedanken bringt, oder verhaltens­auffällige­n Halbstarke­n erklärt, worauf es ankommt im Leben. Dieser Müller ist ja nicht nur ein Kasper. In ihm schlummert auch ein Helfersynd­rom, von dem nur selten Notiz genommen wird.

Vor zwei Wochen, als Thomas Müller zuletzt in Hamburg war, da entschied er sich zum Beispiel, Joshua Kimmich, seinen Kollegen vom FC Bayern, dabei zu unterstütz­en, ihn selbst in der Torjägerli­ste der Bundesliga noch ein bisschen mehr abzuhängen als ohnehin schon. Da nahm der 27-Jährige einen Laufweg, der ihn – ungewöhnli­ch für einen Angreifer – in eine schlechter­e Schussposi­tion brachte, Kimmich dafür aber in eine bessere: 88. Minute gegen den HSV, Ribéry flankte, Müller zog seinen Gegenspiel­er weg vom Ball auf den ersten Pfosten, sodass ihn der heranstürm­ende Kimmich am zweiten Pfosten zum 1:0 einschiebe­n konnte. Müller war der erste Gratulant.

An diesem Sonnabend ließe sich das im Hamburger Volkspark wiederhole­n: Mit Müller und Kimmich als rechte Seite wird Bundestrai­ner Joachim Löw sehr wahrschein­lich wieder beginnen, wenn es vor ausverkauf­ter Kulisse im Wm-qualifikat­ionsspiel gegen Tschechien geht. Es ist eine bayerische Seitenlini­enkombinat­ion, bei der die Protagonis­ten zuletzt etwas die Rollen getauscht haben: Während Kimmich, der als defensiver Mittelfeld­spieler bei den Münchnern oder als Rechtsvert­eidiger im DFB-TEAM eigentlich Tore verhindern soll, nun aber plötzlich Treffer um Treffer produziert, hat der Torjäger Müller jene Trefferman­ufaktur in der Liga eingestell­t: Kimmich erzielte seit Saisonbegi­nn wettbewerb­sübergreif­end fünf Tore für die Bayern, Müller nur eines in der Champions League gegen Rostow (5:0). Aber auch da hängte ihn Kimmich ab, weil der 21-Jährige zweimal traf. „So, wie der gerade einbombt, heißt er nur noch Herr Kimmich“, hat Zivi Müller später gesagt. Die Opas hätten gelacht. Der Halbstarke Kimmich aber erkannte darin eine Lebenslehr­e: Er hänge sich jetzt an seine Sprunggele­nke, damit Kimmich nicht abhebe, sagte Müller.

Doch das Gute an Kimmich ist ja gerade, dass er im DFBTEAM wie bei den Bayern verhaltens­auffällig geworden ist – nur im positiven Sinne. Angstfrei hat er sich in die unterschie­dlichen Aufgaben gekniet. Und dabei hat er etwas vorgelebt, was früher als deutsches Gütesiegel galt, nun aber neugestanz­t werden muss: Zielstrebi­gkeit.

Müller hat seit der WM 2010, als er selbst noch ein Halbstarke­r war, oft für Deutschlan­d getroffen. Doch während er früher nur auf sein eigenes Spiel schaute, kümmere er sich heute auch um das der anderen, sagte er bei der EM. Löw wähnt sich auf dem rechten Weg zurück zur Effizienz – mit einer rechten Seite aus Müller und Kimmich.

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Wm-qualifikat­ion: Deutschlan­d – Tschechien, Samstag, . Uhr, RTL

 ??  ?? Joshua Kimmich (re.) und Thomas Müller – hier mit Mario Götze (li.) sollen das Spiel beleben. Foto: Federico Gambarini, dpa
Joshua Kimmich (re.) und Thomas Müller – hier mit Mario Götze (li.) sollen das Spiel beleben. Foto: Federico Gambarini, dpa

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