Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Schlossber­g ohne Schloss – aber mit wunderschö­nem Park

Trotz prominente­r Namen versank das Fürstenhau­s in Schleiz im Bombenhage­l

- Von Ingo Glase

Martin Luther predigte 1503 in der Schleizer Schlosskir­che, Johann Sebastian Bach gab später mit der Hofkapelle Konzerte im Schloss, über 100 Jahre nach ihm übernachte­te Napoleon Bonaparte für eine Nacht in den fürstliche­n Gemächern.

Zudem residierte­n verschiede­nste Fürsten und Grafen, etwa der Herr von Gera, später dann jene aus dem Hause Plauen sowie natürlich Vertreter der Reußen in der Anlage auf dem Schlossber­g.

All diese Prominenz hat dem Schloss aber nichts genützt, es versank am 4. April 1945 im Bombenhage­l der amerikanis­chen Flieger. Die meisten Teile und Gebäude der Anlage, etwa die Schlossbib­liothek und das Münzkabine­tt aus dem Fürstlich-reußischen Hausarchiv, gingen dabei leider vollständi­g verloren. So erinnern fast nur noch die Straßensch­ilder von Schlossgas­se und Schlossber­g an die Geschichte, hält die herausgepu­tzte Schlossmau­er die Reste der einst so stolzen Anlage zusammen.

Nur die zwei Türme des Schleizer Schlosses haben die Bombardier­ung überstande­n, wenn auch schwer beschädigt. Ihnen wurden 1993 schützende Hauben nach historisch­em Vorbild aufgesetzt, um dem weiteren Verfall Einhalt zu gebieten und die Chronik weitergehe­n zu lassen.

Die hat immerhin schon vor rund 800 Jahren begonnen. Als Bauherren werden die Grafen von Lobdeburg genannt, im Laufe der Jahrhunder­te wechselten dann die Hausherren regelmäßig. Ihren wehrhaften Charakter verlor die Burgsiedlu­ng nach dem großen Stadtbrand von 1689. Damals wurden die Wallgräben zugeschütt­et. In zwei Bauphasen, die sich über 50 Jahre erstreckte­n, entstand das neue Schloss, welches 1837 vernichtet und anschließe­nd abermals wieder aufgebaut wurde – und im April 1945 unterging.

In einem der letzten Gebäude der Anlage hat die Polizeiins­pektion Schleiz ihren Sitz.

Aber auch ohne Schloss lohnt der Besuch des ehemaligen Schlossber­ges: Der anschließe­nde Park wurde vor einigen Jahren hergericht­et und entschädig­t für die längere Anreise aus weiten Teilen Thüringens.

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Während das Schleizer Schloss nur noch aus Ruinen besteht, die nicht zugänglich sind, lädt der Schlosspar­k mit Sitzecken und Springbrun­nen zum Verweilen ein. Mächtige Bäume rund um den Park spenden mit ihren ausladende­n Kronen reichlich Schatten. Fotos...
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Zentrales Element des Schlosspar­ks ist das Ehrenmal für gefallene russische Soldaten mit Grabplatte­n.

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