Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Das Mönchskreuz im Erfurter Steigerwald
Das schönste aller thüringischen Steinkreuze ist zugleich eines der ältesten
Wie ein gewaltiger Akkord klingt alles zusammen, was das Mönchskreuz unter den in der Regel ja so schlichten Klein- und Flurdenkmalen Mitteldeutschlands und weit darüber hinaus zur Ausnahmeerscheinung werden lässt. Es sind seine besonders aufwändige Gestaltung, der Hintergrund seiner Entstehung und der hervorragende Erhaltungszustand, mit denen das übermannshohe Kreuz besticht. Nur wenige Gehminuten vom Parkplatz am Hubertus reichen aus, um zu dem nahe an der Bundesstraße am Waldrand stehenden Denkmal zu gelangen.
Schon 1841 hatte sich der Erfurter Historiker Karl Herrmann mit dem „Mönchskreuz auf der Wageweide“(dem Steigerwald) beschäftigt. Das geheimnisvolle Monument muss ihn weiterhin fasziniert haben, denn 25 Jahre später gelang ihm die Klärung des Aufstellungsanlasses und sein Zeitpunkt.
Dass die Jahreszahl viel später um 10 Jahre nach hinten korrigiert werden musste, lag nicht an ihm. Es änderte auch nichts daran, dass es bis heute mit Recht als das formschönste und älteste sicher datierbare Steinkreuz Thüringens gilt. Kunsthistorisch und auch handwerklich steht es für die Weiterentwicklung der kreuzverzierten mittelalterlichen Sarkophagdeckel und Grabplatten der romanischen Zeit hin zum frei stehenden, vollplastischen Steinkreuz.
Das ist erkennbar an der deutlichen Trennung vom eigentlichen, annähernd quadratischen Kreuz, das auf den hohen Schaft aufgesetzt ist. Das Ebenmaß und die Ausgewogenheit der Proportionen lassen – und das ganz im Gegensatz zum gewöhnlichen Steinkreuztyp – ein hohes gestalterisches Können erkennen, das vermutlich im Umfeld der Erfurter Dombauhütte zu suchen ist.
Es erinnert daran, dass hier am 10. Dezember 1323 der Priester und Magister Heinrich von Siebleben von einem Schwarzburger Grafen erschlagen worden ist. Das verkündet die in 49 gotischen Majuskeln sauber ausgeführte lateinische Inschrift. Sie besagt, dass hier der Magister (im Sinne von: höherer geistlicher Würdenträger) Heinrich von Siebleben, ein Priester, erschlagen wurde („HIC EST OCCISVS MAGISTER HENRICVS DE SYBELEIBEN SACERDOS“).
Dessen Sterbeeintrag wiederum ist im Nekrolog des Marienstiftes zeitgenössisch überliefert und fügt hinzu, dass Heinrich von Siebleben vier Tage vor den Iden des Dezember 1323 von einem Grafen Heinrich von Schwarzburg erschlagen wurde.
Die Tötung eines Priesters, der einer thüringischen Adelsfamilie entstammte und der einflussreichen Erfurter Stiftsgeistlichkeit angehörte, war ein besonders schwerer Bruch des Gottesfriedens. Diesen Umständen und dem sozialen Status der Beteiligten entsprechend, fiel das Steinkreuz aus, das als Bitte für das Seelenheil des Getöteten errichtet wurde.
Dieser ist auf dem Kreuz sogar noch in einem gotischen Spitzbogen als knieend betender Geistlicher im faltenreichen Gewand und mit Birett eingerillt. Das Bild förderte gewiss die seit 1841 überlieferte Sage vom Brand stiftenden Mönch, der sich 1472 an der brennenden Stadt weidete und dafür an dieser Stelle hingerichtet worden sein soll. Doch wozu sollte man ihm ein solches Denkmal errichtet haben?