Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Das Mönchskreu­z im Erfurter Steigerwal­d

Das schönste aller thüringisc­hen Steinkreuz­e ist zugleich eines der ältesten

- Von Frank Störzner

Wie ein gewaltiger Akkord klingt alles zusammen, was das Mönchskreu­z unter den in der Regel ja so schlichten Klein- und Flurdenkma­len Mitteldeut­schlands und weit darüber hinaus zur Ausnahmeer­scheinung werden lässt. Es sind seine besonders aufwändige Gestaltung, der Hintergrun­d seiner Entstehung und der hervorrage­nde Erhaltungs­zustand, mit denen das übermannsh­ohe Kreuz besticht. Nur wenige Gehminuten vom Parkplatz am Hubertus reichen aus, um zu dem nahe an der Bundesstra­ße am Waldrand stehenden Denkmal zu gelangen.

Schon 1841 hatte sich der Erfurter Historiker Karl Herrmann mit dem „Mönchskreu­z auf der Wageweide“(dem Steigerwal­d) beschäftig­t. Das geheimnisv­olle Monument muss ihn weiterhin fasziniert haben, denn 25 Jahre später gelang ihm die Klärung des Aufstellun­gsanlasses und sein Zeitpunkt.

Dass die Jahreszahl viel später um 10 Jahre nach hinten korrigiert werden musste, lag nicht an ihm. Es änderte auch nichts daran, dass es bis heute mit Recht als das formschöns­te und älteste sicher datierbare Steinkreuz Thüringens gilt. Kunsthisto­risch und auch handwerkli­ch steht es für die Weiterentw­icklung der kreuzverzi­erten mittelalte­rlichen Sarkophagd­eckel und Grabplatte­n der romanische­n Zeit hin zum frei stehenden, vollplasti­schen Steinkreuz.

Das ist erkennbar an der deutlichen Trennung vom eigentlich­en, annähernd quadratisc­hen Kreuz, das auf den hohen Schaft aufgesetzt ist. Das Ebenmaß und die Ausgewogen­heit der Proportion­en lassen – und das ganz im Gegensatz zum gewöhnlich­en Steinkreuz­typ – ein hohes gestalteri­sches Können erkennen, das vermutlich im Umfeld der Erfurter Dombauhütt­e zu suchen ist.

Es erinnert daran, dass hier am 10. Dezember 1323 der Priester und Magister Heinrich von Siebleben von einem Schwarzbur­ger Grafen erschlagen worden ist. Das verkündet die in 49 gotischen Majuskeln sauber ausgeführt­e lateinisch­e Inschrift. Sie besagt, dass hier der Magister (im Sinne von: höherer geistliche­r Würdenträg­er) Heinrich von Siebleben, ein Priester, erschlagen wurde („HIC EST OCCISVS MAGISTER HENRICVS DE SYBELEIBEN SACERDOS“).

Dessen Sterbeeint­rag wiederum ist im Nekrolog des Marienstif­tes zeitgenöss­isch überliefer­t und fügt hinzu, dass Heinrich von Siebleben vier Tage vor den Iden des Dezember 1323 von einem Grafen Heinrich von Schwarzbur­g erschlagen wurde.

Die Tötung eines Priesters, der einer thüringisc­hen Adelsfamil­ie entstammte und der einflussre­ichen Erfurter Stiftsgeis­tlichkeit angehörte, war ein besonders schwerer Bruch des Gottesfrie­dens. Diesen Umständen und dem sozialen Status der Beteiligte­n entspreche­nd, fiel das Steinkreuz aus, das als Bitte für das Seelenheil des Getöteten errichtet wurde.

Dieser ist auf dem Kreuz sogar noch in einem gotischen Spitzbogen als knieend betender Geistliche­r im faltenreic­hen Gewand und mit Birett eingerillt. Das Bild förderte gewiss die seit 1841 überliefer­te Sage vom Brand stiftenden Mönch, der sich 1472 an der brennenden Stadt weidete und dafür an dieser Stelle hingericht­et worden sein soll. Doch wozu sollte man ihm ein solches Denkmal errichtet haben?

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Das fast drei Meter hohe Mönchskreu­z und ein Detail, der Mönch. Foto: Frank Störzner

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