Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Danke, liebe Nachbarn
Hanno Müller über Frust, der einem gern erspart bleiben kann
Ja, die Zeiten sind hektisch und schnelllebig. Da kommt man oft gerade noch dazu, den Nachbarn kurz zuzuwinken oder allenfalls ein schmallippiges Hallo über den Gartenzaun zuzurufen.
Dabei sollte man doch eigentlich durchaus zu schätzen wissen, was man an seinen Nachbarn hat – bzw. nicht hat.
Laut krähende Hähne zum Beispiel. Wie ich darauf komme? Heute geht in Brandenburg ein bizarrer – vierjähriger (!) – Dauerstreit in die nächste Runde. Der Grund: krakelendes Federvieh.
Erreichen will der Kläger, dass der Züchter den Schreihälsen im Hühnerstall zeitweilig Ausgehverbot erteilt – werktags von 20 bis 8 Uhr sowie an Sonnund Feiertagen zusätzlich zwischen 12 und 15 Uhr. Außerdem fordert er, dass sich jeweils nur höchstens zwei Hähne im Freien aufhalten dürfen, deren Kikeriki die Marke von 55 Dezibel nicht überschreiten darf.
Würde ich mich mit so etwas behängen wollen? Vielleicht sogar mit Schallpegelmessgerät und Stoppuhr dem Gockel von Nebenan auflauern wollen? NEIN, würde ich nicht.
Uns hat übrigens auch noch keiner unserer Nachbarn mit falschen Handy- oder Möbelbestellungen traktiert, weil ihm irgendetwas an unser Nachbarschaft nicht passt – wie jüngst in Süddeutschland. Oder scharf geschossen wie in Lohne. Oder was es sonst noch so an mehr oder weniger dämlichen Nachbarschaftsstreitigkeiten gibt.
Deshalb: Danke, liebe Nachbarn, für keine Hühner, keine Möbel und keine Schüsse.