Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Die Entdeckung der Leichtigkeit
Nach einer EM ohne Treffer hat Thomas Müller seinen Torriecher zurück. Aber das liegt auch an der Nationalelf
Hamburg. Joachim Löw gab den Zirkusdirektor. Meine Damen und Herren, „hier kommt der Mann des Abends“, sagte der Bundestrainer, nachdem er über das unverschämt souveräne 3:0 der deutschen Nationalelf gegen Tschechien fertigparliert hatte.
Trommelwirbel. Bühne frei für Thomas Müller – die Hauptattraktion, der Ballartist ohne Muskeln in den Beinen, der 2Tore-künstler, dessen Kunst inzwischen so wertvoll ist, dass er sie sich scheinbar nur noch für die ganz große Manege aufspart.
„Ich war vor dem Spiel natürlich in einer tragischen Situation“, sagte Müller – nach seinen beiden Treffern gegen Tschechien ausgezeichnet zum Man of the Match. „Ich bin froh, dass ich mich aus dem Sumpf befreien konnte.“Das Publikum lachte. Es kennt Müller in der Rolle des Clowns. Ungewohnt war die des Sorgenkinds. Aber die füllte der 27-Jährige bei der EM aus, als ihm kein Tor gelang. Die deutsche Ineffizienz fand in ihm ihre Personifizierung.
Nun allerdings hat Müller in den ersten beiden Wm-qualifikationsspielen gegen Tschechien und Norwegen je zwei Tore erzielt. „Wenn WM auf der Verpackung steht, dann funktioniert es wieder“, sagte Müller, der seit der WM 2010 verlässlich für die Nationalelf getroffen hatte – in 80 Länderspielen 36-mal.
„Thomas hat jetzt bei uns wieder einen guten Lauf“, sagte Löw. Und dass es den bald auch wieder beim FC Bayern geben wird, davon ist ohnehin auszugehen. Warum Müller auch ohne Tore die ganz große Nummer im DFB-TEAM ist, erklärte Mats Hummels: „In der 89. Minute hat er beim Stand von 3:0 vier Meter vor dem Tor ein Kopfballduell gewonnen. Das zeigt einfach, dass er alles für den Erfolg der Mannschaft macht.“
Es könnte ja sein, dass Müller Tore nicht einfach hervorzaubert, wie es immer scheint, sondern dass auch das Rahmenprogramm stimmen muss. Deutschland erspielt sich seit Ende der EM einfach wieder mehr Chancen und hat die Leichtigkeit wiederentdeckt. Und das ist die Bühne, die Müller braucht.