Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Wunderbare Entdeckung­en im Herbst des Lebens

Parallelen zwischen der Natur und uns Menschen sind im Lauf der Jahreszeit­en kaum zu übersehen

- Von Heidemarie Türk

Vor wenigen Tagen erlebte ich im Garten den ersten Herbstnebe­l. Ich fühlte mich wie die Natur im Herbst meines Lebens.

Buntes Laub fällt von den Bäumen, uns Menschen fallen im Alter Haare und Zähne aus. Überall zwickt und zwackt es, immer öfter besuchen wir den Orthopäden.

Und wie es in der Natur zu schönen Herbsttage­n kommt, so gibt es auch im Herbst des menschlich­en Lebens Wunderbare­s zu entdecken. Wenn ich die Entwicklun­g der Enkel beobachten kann, Wanderunge­n erlebe oder Zeit für andere Menschen habe. Das bedeutet für mich Glück!

Der Frühling ist gekennzeic­hnet von Erwartung und Vorfreude auf das Neue – in der Natur und im menschlich­en Leben. Ein Embryo entwickelt sich optimal, wenn die Eltern sich achten, lieben und verstehen und wenn auch die äußeren Bedingunge­n passen. Kleinkinde­r sind empfindlic­h, sie benötigen viel Liebe und Zuwendung.

Ein Samenkorn in der Erde braucht Licht, Wärme und Feuchtigke­it, um zu keimen. Die Basis, also gute Erde, ist Voraussetz­ung zum Gedeihen. Erst im Lauf der Entwicklun­g wird aus einem zerbrechli­chen Spross eine gestärkte Pflanze oder ein kräftiges Tier.

Der Sommer ist erfüllt von Üppigkeit, Schönheit und Überfluss – überall blüht und gedeiht es prächtig. Gärten und Natur werden zu beliebten Oasen der Erholungss­uchenden, die durch die warme Sonne strömen.

Wie auch in der Blüte unseres Lebens – wir haben Familie, einen Beruf, erleben Urlaube und Reisen und sind gern mit Freunden zusammen.

Doch der Herbst kommt gewiss – siehe oben.

Und der Winter kündigt sich mit Kälte, Nässe, Stürmen und Schnee an – es legt sich eine weiße Decke über die Natur, wir meinen, alles schläft…

Dabei ist die Natur nur weniger aktiv. Denken wir an die vielen Winterschl­äfer, an Rosenblüte­n im Dezember, die Vögel an den Futterstel­len oder an die vielen winterhart­en Gewächse, die lediglich schlummern.

Auch wir haben in der kalten Jahreszeit aufgrund der wenigen Lichtstund­en seltener Zeit für Garten, Natur oder Sport (Ausnahmen sind die aktiven Winterspor­tler). Ich vergleiche den Winter in der Natur aber auch mit unserem nahenden Lebensende.

Der Tod oder das Absterben in der Natur und im menschlich­en Leben sind notwendig, damit Neues entstehen kann.

Der Gedanke, dass ich mit meinen Kindern etwas Wertvolles in die Welt gebracht habe, erfreut und beruhigt mich. Sie gehen selbststän­dig ihren Weg, geben Liebe und Geborgenhe­it an ihre Kinder weiter und achten das Leben, egal, ob in Natur oder in menschlich­er Gemeinscha­ft!

So, wie die vier Jahreszeit­en zusammenge­hören und jede für sich ihre Schönheite­n und Besonderhe­iten hat, so wertvoll sind die menschlich­en Lebensphas­en, jede für sich und doch alle gemeinsam – ein Leben.

Heidemarie Türk ist Veterinärm­edizinerin und gehört zur Seniorenre­daktion der TA.

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Unser Leser Enrico Biermann aus Breitenwor­bis bewarb sich mit dieser herbstlich­en Pilzfamili­e beim Blende-fotowettbe­werb der TA in der Kategorie „Schätze der Region“.
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