Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Vielseitige Hundertjährige: Fest in und an der Josefskirche
Auf Festgottesdienst folgt Kaffeerunde mit Gelegenheit zur Ausstellungsbesichtigung und Exkurs in die Geschichte
Rastenberg. „Ein Haus voll Glorie schaut, weit über alle Land. Aus ew‘gen Stein erbaut, von Gottes Meisterhand“, hieß es gestern – gesungen – eingangs des Festgottesdienstes zur 100. Wiederkehr des Kirchweihjubiläums für Rastenbergs Josefskirche. Das eigentliche Festdatum war der Tag davor, der Samstag, begangen mit der Vernissage der Ausstellung „Geschichten und Gestalten der Bibel“mit Linolschnitten von Christina Simon und Holzbildhauerarbeiten von Christian Schmidt. „Eine seiner Skulpturen hat auch Papst Franziskus irgendwo zu stehen“, sagte Anita Petzak vom Kunstherbstverein, dessen Heimstatt die Josefskirche, einst von und für mitten im Ersten Weltkrieg in die Region zugezogene Katholiken aus Polen und Italien erbaut, heute ist.
Caritasdirektor Bruno Heller erinnerte in seiner Festpredigt an sie, die als „Arbeitsmigranten, vielleicht auch Wirtschaftsflüchtlinge“kamen und sich an dieser Stelle, „da, wo der Himmel am meisten geerdet ist“, versammelten, beteten.
Den Gottesdienst hielt der jetzt für Rastenberg/buttstädt zuständige Weimarer Pfarrer Timo Gothe, unterstützt von seinem jetzt im Eichsfeld tätigen Vorgänger Carsten Kämpf. Dessen letzte Amtshandlung in Rastenberg war vor einem Jahr eine Hochzeit mit mehrfacher Taufe. „Mich verbinden mit dieser 100jährigen Kirche 40 meiner eigenen Jahre“, erinnerte Kämpf sich. Als Kind sei er öfter Feriengast nebenan im Caritasheim gewesen – und dann auch Messdiener in der Josefskirche. Später kehrte er als Pfarrer zurück – und war schließlich derjenige, der den Tabernakel geräumt hat. Darüber ins Gespräch kam er mit Christine Herzog, der es damals oblag, die Josefskirche zu profanisieren. Eigentlich tut das ein Bischof oder dessen Beauftragter. In Rastenberg sprach sie als Kirchenvorstand die erforderlichen Gebete. „Zuvor nahm der Steinmetz die Mütze ab, und dann hat er zur Flex gegriffen und ich habe die Reliquien aus dem Altar geholt!“
Solche und andere Geschichten gab es gestern viele zu hören. Erinnerungen wurden geteilt.
Die jüngeren künden davon, dass die Josefskirche auch gut genutzt wird, seit sie im strengen Sinne kein Gotteshaus mehr ist. Dafür engagieren sich zwei Vereine, der erwähnte Kunstherbstverein und der Verein Josefskirche. Dessen Vorsitzender Martin Nitsche war gestern enttäuscht, dass – abgesehen von Ex-landrat Rüdiger Dohndorf – kein Kommunalpolitiker zum „Fest der Freude, des Schönen und der Dankbarkeit“kam.