Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Deutsche Bank wirbt um Vertrauen
Nach 1,4 Milliarden Euro Verlust will das Geldinstitut in diesem Jahr wieder profitabel werden
Frankfurt. Der Chef der Deutschen Bank versuchte bei der Vorlage der Zahlen etwas Zuversicht zu verbreiten. Der Verlust für 2016 war zwar höher als erwartet, aber im laufenden Jahr soll das Geldinstitut wieder in die Gewinnzone zurückkehren. „Unsere Erwartung ist, dass wir dieses Jahr profitabel sein werden“, sagte der Vorstandsvorsitzende John Cryan.
Unter dem Strich standen in dem von ihm als „Übergangsjahr“bezeichneten vergangenen Geschäftsjahr 1,4 Milliarden Euro Verlust – Analysten hatten mit etwa einer halben Milliarde Euro weniger gerechnet. Die Zahlen kamen deshalb an der Börse nicht gut an: der Aktienkurs rutschte um bis zu sechs Prozent ab. Und ob die gebeutelten Anleger in diesem Jahr wieder auf eine Dividende hoffen können, ließ der Brite offen.
Cryan entschuldigt sich für schwerwiegende Fehler
Das Jahr sei alles andere als einfach gewesen, gestand der Deutsche-bank-chef. Insbesondere im Herbst. Da nämlich habe das Geldinstitut unter enormem Druck gestanden: Das amerikanische Justizministerium hatte im September wegen unlauterer Hypothekengeschäfte 14 Milliarden Dollar Strafe gefordert. Eine Summe, die die Deutsche Bank kaum hätte stemmen können. Das habe Spuren in der Gewinnund Verlustrechnung hinterlassen, sagte Cryan. Denn viele Kunden hätten daraufhin ihre Gelder abgezogen.
Nach Weihnachten jedoch, als dann erste Details eines Vergleichs mit den Us-behörden bekannt geworden seien, habe sich das Blatt gewendet: seither hätten auch jene Kunden, die sich zurückgezogen hätten, wieder deutlich mehr Geschäfte mit der Bank gemacht. Denn nun sei klar gewesen, dass die Bank „nur“gut sieben Milliarden Dollar zahlen müsse. Ob das Geldinstitut ohne Kapitalerhöhung auskomme? Man habe nichts bekannt gegeben, so Cryan. Ob die Bank die Dividendenzahlung 2017 wieder aufnehme? Dafür sei es noch zu früh.
Cryan wertet den Jahresauftakt jedenfalls aus seiner Sicht als vielversprechend. In wesentlichen Bereichen laufe es – wie dem Kapitalmarktgeschäft – „deutlich besser“. Die Beilegung weiterer wichtiger Rechtsfälle verschaffe dem Geldhaus „zusätzlichen Rückenwind“. So sei auch der Geldwäscheskandal in Russland weitgehend erledigt.
Die zahlreichen Skandale und Rechtsstreitigkeiten hätten nicht nur viel Geld, sondern auch Reputation und Vertrauen gekostet: „Wir möchten uns entschuldigen“, sagte Cryan im Namen des Vorstands zu den Verfehlungen der Vergangenheit. Es seien „schwerwiegende Fehler“gemacht worden: „Das damalige Verhalten entsprach nicht unseren Standards und war völlig inakzeptabel.“
Nun aber will der Vorstandschef den Blick nach vorn richten. Cryan bat zwar um Geduld und bemühte dazu einen Vergleich mit der Landwirtschaft: Man müsse zunächst aussäen, wenn man später eine größere Ernte einfahren wolle. Mit der Sanierung komme man aber gut voran. Vor allem zeigte er sich stolz, dass die Kapitalausstattung gestiegen sei: Die harte Kernkapitalquote liege jetzt bei 11,9 Prozent, bis Ende des kommenden Jahres soll sie jedoch auf 12,5 Prozent steigen.
Die Strategie der Deutschen Bank werde sich aber nicht wesentlich ändern. Die Spekulationen, die Vermögensverwaltungstochter Deutsche Asset Management zumindest in Teilen an die Börse zu bringen, bestätigte der Vorstand nicht: „Vermögensverwaltung ist ein Kerngeschäft für uns“, unterstrich Cryan.
Ob die Postbank verkauft werde, sei noch nicht entschieden. Noch sei diese nicht „hinreichend eigenständig“, ergänzte Finanzvorstand Markus Schenck: „Wir gehen davon aus, dass die Postbank sich 2017 in eine Position bringt, dass sie eine deutlich verbesserte Attraktivität erreicht hat, und dann wird man eine Entscheidung treffen.“
Die Mitarbeiter dürfen vorerst aufatmen. Eine weitere große Entlassungswelle werde es nicht geben, so Cryan. Die Auswirkungen durch die Modernisierung und Automatisierung der Bank auf die Beschäftigung sollen durch normale Fluktuation aufgefangen werden. Vor zwei Jahren hatte die Bank angekündigt, weltweit 9000 ihrer rund 100 000 Stellen zu streichen, 4000 davon in Deutschland. Im Inland sollen von den 723 Filialen bis Mitte diesen Jahres nur 535 übrig bleiben. Zudem zieht sich das Geldhaus aus zehn Auslandsmärkten zurück.
Die Deutsche Bank will trotz der juristischen Erfahrungen und politischen Turbulenzen in den USA an ihrem Geschäft dort festhalten. „Wir können nicht die internationale Bank sein, die wir sein wollen, wenn wir nicht auf dem größten Finanzplatz der Welt präsent sind“, sagte Cryan. Allerdings habe man grundsätzlich das Geschäft dort schon etwas zurückgefahren.
Was Cryan von den ersten Entscheidungen der Us-regierung unter dem neuen Präsidenten Donald Trump hält? Gleichberechtigung, Vielfalt und Freizügigkeit seien für die Deutsche Bank unabdingbar und von hohem Wert, sagte der Vorstandschef diplomatisch. Sie seien von großer Bedeutung für den Erfolg der Bank, auch in wirtschaftlicher Hinsicht.