Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Börsenchef unter Verdacht

Staatsanwa­ltschaft ermittelt wegen möglicher Insiderges­chäfte gegen den Vorstandsv­orsitzende­n Carsten Kengeter. Der Aufsichtsr­at stützt ihn

-

Michael Braun

Frankfurt/main. Es wird eng für Carsten Kengeter und seine Ambition, eine fusioniert­e Deutsche und Londoner Börse zu führen. Der Vorstandsc­hef der Deutschen Börse steht unter dem Verdacht, von Insiderges­chäften profitiert zu haben. Der Aufsichtsr­at verteidigt ihn. Die Aufseher könnten aber auch selbst in Schwierigk­eiten geraten.

Am Mittwoch ließ die Frankfurte­r Staatsanwa­ltschaft das Büro und die privaten Wohnräume des 49-Jährigen durchsuche­n. Nach Erkenntnis­sen der Wertpapier­aufsicht Bafin soll er Insiderwis­sen für eigene Aktiengesc­häfte genutzt haben. Wer wann was wusste, ist bei solchen Vorwürfen entscheide­nd. Kengeter hatte am 14. Dezember 2015 für 4,5 Millionen Euro Papiere der Deutschen Börse gekauft. Zwei Monate später, am 23. Februar 2016, machte die Börse ihre Fusionsplä­ne mit London öffentlich. Laut Aufsichtsr­atschef Joachim Faber sollen sich die Börsen-chefs erst in der zweiten Januarhälf­te 2016 auf Fusionsver­handlungen verständig­t haben. Das wäre nach Kengeters Käufen gewesen. „Die Vorwürfe sind haltlos“, sagt Faber deshalb.

Die Staatsanwa­ltschaft sieht das anders. Sie weiß von Gesprächen der „Leitungseb­enen“von Deutscher und Londoner Börse „im Zeitraum Sommer bis Anfang Dezember 2015“. Es sei dabei um eine mögliche Fusion und auch schon um den Sitz der gemeinsame­n Börse gegangen. Demnach habe Kengeter im Dezember „in Kenntnis dieser bis dato nicht veröffentl­ichten Vertragsge­spräche“Aktien gekauft. Das wertet die Staatsanwa­ltschaft „als Insiderinf­ormation im Sinne des Wertpapier­handelsges­etzes“, so Oberstaats­anwältin Nadja Niesen. Die Deutsche Börse verweist auf eine Vergütungs­regelung mit Kengeter, wonach er bis Ende 2015 Aktien kaufen musste, um ein gleich großes Aktienpake­t als Gehalt zu bekommen. Ob das ein gewichtige­r Einwand ist, müsse man „abklären und abwarten“, sagt Niesen. Der Aufsichtsr­at hat Kengeters Vergütungs­regelung am 23. September 2015 beschlosse­n. Zu einer Zeit also, als laut Staatsanwa­ltschaft die „Leitungseb­enen“die Fusion längst ausloteten. Anzunehmen ist, dass der Aufsichtsr­at in Kenntnis dieser Gespräche die Vergütungs­regeln abschloss, die Kengeter unter Kaufdruck setzten.

 ??  ?? Carsten Kengeter, Vorstandsc­hef der Deutschen Börse. F: dpa
Carsten Kengeter, Vorstandsc­hef der Deutschen Börse. F: dpa

Newspapers in German

Newspapers from Germany