Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Gabriel auf Expedition im Trump-reich
Antrittsbesuch als Außenminister in Washington: Wie viel Annäherung ist bei wichtigen Themen wie Nato, Russland oder Freihandel möglich?
Washington. Zu Beginn seiner Usa-reise übt sich Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) in einer Disziplin, in der er bisher wenig Erfahrung hat: Er sendet versöhnliche Signale aus. „Wir wollen zeigen, dass wir an der transatlantischen Zusammenarbeit zwischen Amerika und Deutschland sowie zwischen Amerika und Europa festhalten wollen“, sagt der Außenminister. Sigmar Gabriel, schwarzer Mantel und rote Krawatte, steht vor den Säulen des Capitols in Washington. Er spricht von der „ausgestreckten Hand“der Europäer, auch wenn es mal Meinungsverschiedenheiten und Konflikte gebe. Eine überzuckerte Rhetorik, die aufhorchen lässt.
Es ist der erste USA-TRIP eines Bundesministers nach der amerikanischen Präsidentschaftswahl. Bei den Gesprächen mit Vize Mike Pence, Außenminister Rex Tillerson und Senatoren am Donnerstag in Washington will Gabriel testen, ob und wie die transatlantische Partnerschaft reanimiert werden kann. Die Erwartungen wurden in der deutschen Delegation aber heruntergedimmt. Es gehe um die Schaffung eines bilateralen Arbeitsklimas, hieß es. Nach Trumps Antrittsrede hatte Gabriel noch gegen die „schlimme Radikalisierung“Amerikas gewettert. Doch das war der alte Gabriel. Der neue Gabriel kommt in der Wortwahl gemäßigt daher. Er ist in die Rolle des Außenministers geschlüpft. Jetzt geht es um ein neues Navigationssystem. Die Leitfragen: Was will Washington? Wo sind Schnittmengen mit Berlin?
Die Reise des Außenministers ist eine Expedition. Kanzlerin Merkel darf gespannt sein, welche Erkenntnisse Gabriel aus dem Reich des fremd gewordenen Partners mitbringt. (bac)