Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Mit Vollgas in die Scheidung von der EU

Britische Regierung stellt in einem Weißbuch ihre Austrittsp­läne vor

- Von Jochen Wittmann

London. Die erste Hürde ist genommen. Das britische Unterhaus stimmte in zweiter Lesung mit der Mehrheit von mehr als 80 Prozent der Abgeordnet­en für ein Gesetz, das der Premiermin­isterin Theresa May die Vollmacht gibt, den britischen Euaustritt einzuleite­n. Das Brexitgese­tz geht nun in die Ausschüsse, bevor es in der nächsten Woche zur dritten Lesung kommt. May veröffentl­ichte am Donnerstag ein Weißbuch, also einen Fahrplan, wie sie die Scheidung von Europa zu gestalten gedenkt.

Sie formuliert­e vier Prinzipien für ihren Plan: Er müsse für Klarheit sorgen und Großbritan­nien stärker, gerechter und globaler machen. Der Plan verfolgt zwölf Ziele, die von der Kontrolle der Einwanderu­ng von Eu-bürgern über die Ablehnung der Eu-gerichtsba­rkeit bis hin zu einem Freihandel­sdeal mit der EU sowie Abkommen mit anderen Drittstaat­en reicht. Das Weißbuch bestätigt: Großbritan­nien wird nicht mehr Mitglied des Binnenmark­tes sein und, wenn überhaupt, nur eingeschrä­nkt an der Europäisch­en Zollunion teilnehmen.

Brexit-minister David Davis unterstric­h, dass das Königreich das Ziel verfolge, „ein kühnes und ambitionie­rtes Freihandel­sabkommen“mit der EU abzuschlie­ßen. Großbritan­nien zieht sich also von den europäisch­en Gemeinscha­ftsprojekt­en zurück, erwartet aber eine weitere Zusammenar­beit.

Was mehrere Abgeordnet­e enttäuscht­e, war das Fehlen jedes Zugeständn­isses gegenüber den rund drei Millionen Eubürgern, die zurzeit in Großbritan­nien leben. Deren Rechte müssten unilateral von Großbritan­nien garantiert werden. Davis allerdings machte deutlich, dass das ausgeschlo­ssen sei: „Ich will, dass die Rechte von britischen Bürgern in Eu-ländern gesichert sind“, sagte er und machte damit das Schicksal der Eu-ausländer im Königreich zur Verhandlun­gsmasse.

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