Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Biblische Szenen unter dem Tonnengewö­lbe

Vor 250 Jahren starb der Weimarer Hofmaler Johann Ernst Rentzsch, der sich in der Kirche St. Mauritius in Niedergrun­stedt verewigt hat

- Von Martin Stolzenau

Niedergrun­stedt. Die Dorfkirche St. Mauritius steht in der Mitte von Niedergrun­stedt. Der Sakralbau, der nach dem Brand von 1707 einige Jahre später unter Berücksich­tigung von erhaltenen Bauelement­en eine Erneuerung erlebte, beeindruck­t bis heute durch einen Kirchturm mit Haube, ein Kirchensch­iff mit Mansarddac­h und große Fenster. Im Inneren sind die großzügige­n Emporen, der Kanzelalta­r und die Holzdecke besonders auffällig. Das Holztonnen­gewölbe wurde vom sachsen-weimarisch­en Hofmaler Johann Ernst Rentzsch d.j. bemalt. Der Künstler schuf sich damit ein Denkmal, mit dem er auch 250 Jahre nach seinem Tod in der Region nachwirkt. Die Bewohner von Niedergrun­stedt benannten in Dankbarkei­t eine Straße nach ihm. Rentzsch wurde am 2. Juni 1693 in Weimar geboren. Sein Vater ist als Johann Ernst Rentzsch d.ä. überliefer­t. Er war Hofmaler unter Herzog Wilhelm Ernst von Sachsen-weimar, der ab 1694 regierte und rund 45 Jahre die Regierungs­gewalt ausübte. Dabei gab es für das Herzogtum Licht und Schatten. Einerseits wird der Herzog von Zeitgenoss­en als Despot dargestell­t. Anderersei­ts sind aus den Dokumenten auch Verdienste herauszule­sen. Sie reichen von der Weiterentw­icklung des Schulwesen­s mit der Gründung des Gymnasiums über den Ausbau der herzoglich­en Bibliothek und die Gründung der Kunstsamml­ungen bis zu Impulsen für das Musikleben.

Johann Ernst Rentzsch d. Ä. indes war Hofmaler dieses Herrschers. Als seine bedeutends­te Leistung gilt das Porträt von Johann Sebastian Bach als junger Mann. Der Sohn wuchs im kunstsinni­gen Umfeld auf, wurde nach der Offenbarun­g der künstleris­chen Begabung von seinem Vater ausgebilde­t und stilistisc­h geprägt. Sehr zum Gefallen des Herzogs, der den jungen Rentzsch nach dem Tod des Vaters 1723 zu dessen Nachfolger erhob. Nach dem Tod von Herzog Wilhelm Ernst wurde der junge Rentzsch von Herzog Ernst August I. von Sachsenwei­mar, dem Nachfolger auf dem Thron, als Hofmaler übernommen. Der neue Regent glänzte durch „maßlose Verschwend­ung und Militarisi­erung“, gilt bis heute als „unberechen­barer Despot“und ließ dem Hofmaler Rentzsch nur geringe künstleris­che Freiräume. Sie beschränkt­en sich auf Porträts im Turm von Schloss Belvedere und Porträts von Hofbediens­teten. Außerdem durfte sich der Hofmaler bei der Ausmalung von Dorfkirche­n bewähren.

Aus seinen Malereien in verschiede­nen Dorfkirche­n ragt die Gestaltung in der St. Mauritiusk­irche von Niedergrun­stedt zwischen 1726 bis 1729 heraus, die er noch unter Herzog Wilhelm Ernst begonnen hatte. Die biblischen Bilder und Blumenorna­mente belegen die Kunst des Hofmalers und machen die Kirche bis heute zu einer Sehenswürd­igkeit. Johann Ernst Rentzsch starb am 2. Februar 1767 in Weimar. Seine letzte Ruhe fand er an der Südseite der Weimarer Jacobskirc­he, wo auch weitere Persönlich­keiten wie Georg Melchior Kraus und Ferdinand Karl Christian Jagemann bestattet wurden.

Die Kirche in Niedergrun­stedt erhielt 1876 von August Witzmann aus Stadtilm eine Orgel, die den Sakralbau weiter aufwertete. Später nutzte der Maler Lyonel Feininger die Kirche als Motiv für seine Bilder.

1723 vom Herzog zum Hofmaler ernannt

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Zwischen  bis  hat Hofmaler Johann Ernst Rentzsch die Kirche in Niedergrun­stedt mit biblischen Szenen ausgemalt. Sie sind an den Emporen zu sehen.  diente die Kirche als Kulisse für den Film „Ein Engel für Alle!“. Archiv-foto: Martin Gerlach

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