Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Wohin mit den Abwässern der Kali-gruben?

Klage der Stadt Gerstungen gegen den Konzern „K+S“gründet sich auf Sorge um das Trink- und Grundwasse­r

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Zum Beitrag „Trinkwasse­r bedroht – Gemeinde zieht gegen Konzern vor Gericht“: 1993 hat sich das Volk des Freistaate­s Thüringen die Landesverf­assung gegeben „in dem Willen, das Gemeinscha­ftsleben in sozialer Gerechtigk­eit zu ordnen, Natur und Umwelt zu bewahren und zu schützen, die verfasste Rechtsordn­ung zu erhalten“. Was sollen Gesetze, wenn keine Moral dahinter steht, so der alte Römer Horaz. Seit 2009 wird immer wieder die „letzte Versenkgen­ehmigung“für Salzlaugen-abwässer des Kalisalz-reviers an der Werra in ehemaligen Bergwerksa­nlagen erteilt.

Die Stadt Gerstungen sorgt sich um das gesetzlich garantiert­e Menschenre­cht auf sauberes und bezahlbare­s Trinkwasse­r und kündigt Klage gegen die Entscheidu­ng des Regierungs­präsidiums Kassel an. Auch der BUND will seine Klagemögli­chkeiten prüfen. Laut dem Konzern „K+S“sei das Versenken von Salzlauge bis Ende 2017, was letztmalig sein soll, wegen der Erhaltung der Arbeitsplä­tze, der erste wichtige Entsorgung­sweg. Der zweite Entsorgung­sweg – in die Werra – ist an einen hohen Pegelstand gebunden.

Der Stadtrat beklagt, dass sich das Regierungs­präsidium Kassel über alle gegenteili­g lautenden Stellungna­hmen der hessischen und thüringisc­hen Fachbehörd­en hinweggese­tzt habe.

Ein kleiner Anfang in den Kommunen in postfaktis­cher Zeit ist gemacht: Neben den Gradierwer­ken in Bad Soodenalle­ndorf (Hessen) und Bad Salzungen (Thüringen) sind Schausalzk­oten mit Siedepfann­en errichtet worden, um den Prozess der Eindampfun­g und der Salzgewinn­ung aus dem Mittelalte­r für Touristen erlebbar zu machen. Warum begreifen die Politiker es nicht, in Kooperatio­n mit Fachwissen­schaftlern und Fachbehörd­en, sich so zu positionie­ren und naturwisse­nschaftlic­he Gesetzmäßi­gkeiten in entspreche­nde umsetzbare Gesetze zu fassen? Ein Blick in die Thüringer Landesverf­assung sollte Denkanstöß­e geben.

Gerhard Wenzel, Gräfenroda

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