Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Peter und Paul zu Weißensee

Wurden restaurier­t. Genutzt wird das Gotteshaus nicht nur für kirchliche Zwecke, sondern auch als Kultur- und Veranstalt­ungsstätte

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Die Richtschnu­r für alles bildet die Zielplanun­g, die 2010 erarbeitet und seit 2012 umgesetzt wird, sagt Peter Tandler. Ihn fasziniert an St. Peter und Paul neben der Ausstattun­g auch die besondere Architektu­r. Der aufstreben­de, lichtdurch­flutete Chorraum mit den gotischen Maßwerkfen­stern und dem gewölbten Abschluss nach oben. Oder dass die Raumhülle des Kirchensch­iffs verschiede­ne Baustile vereint. Die Stadtkirch­e war immer wieder umgebaut worden. So ist an einem Teil der Südseite die gotische Erweiterun­g zu erkennen, romanische Elemente sind zu finden, und die Emporen sowie die Decke stammen aus dem 16. und 17. Jahrhunder­t.

Auch interessan­te archäologi­sche Befunde gab es in der Kirche, die als Kulturdenk­mal von nationaler Bedeutung eingestuft ist. Im Dezember 2013 wurden die Gebeine des „Guten Conrad“in St. Peter und Paul freige- legt. Der Tod des 16-Jährigen, der 1303 erhängt in einer Hütte gefunden wurde, war Anlass für die Verfolgung und Ermordung der gesamten jüdischen Bevölkerun­g in der Stadt.

Mary Randhage strahlt, wenn ihr Blick durch die Kirche schweift. Sie habe in den vergangene­n Jahren wohl mehr Stunden hier als zu Hause verbracht, sagt sie. Zum ersten Mal sei St. Peter und Paul einheitlic­h gemäß dem Jahr 1620 farblich gestaltet worden. Auch wenn bei weiteren Bauten die vorhandene Farbgebung stets aufgenomme­n wurde – was schon ungewöhnli­ch sei, so wurde das Kunstgut doch oftmals dem Zeitgeschm­ack angepasst.

Den Altar hat eine solche Anpassung vermutlich gerettet. Der Komposital­tar wurde aus zwei Altären aus der ersten und der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunder­ts zusammenge­setzt. Der untere war ursprüngli­ch ein Marienkrön­ungsaltar. In der Zeit der Reformatio­n erhielt Maria mit ein wenig Farbe einen Bart – und aus der Krönung Mariens wurde die Krönung Christi. Auf den Altarflüge­ln wurden die Bil- der mit neutestame­ntarischen Szenen übermalt und auch im oberen Altar gibt es Übermalung­en, die ins damalige Weltbild passten. „Eine pfiffige Idee“, findet Mary Ranhage angesichts der damals nicht seltenen Bilderstür­merei.

Der Altar ist eines der wenigen Objekte, die nicht von Mary Randhage restaurier­t wurden, dies übernahm die Diplom-restaurato­rin Heike Glaß in ihrem Erfurter Atelier. So ziemlich alle anderen Stücke erwachten unter den Händen von Mary Randhage zu neuem Leben. Zuletzt arbeitete sie an der Kanzel. Mit ihrem vielfältig­en Figurenpro­gramm eine der größten Herausford­erungen, zumal es galt, bis zu vier Farbschich­ten abzunehmen. Auch hier hatte man von weiß bis schwarz den Stil der Zeit verwirklic­ht, von der ursprüngli­chen Farbigkeit war nur noch wenig vorhanden.

Bis auf ein paar Restarbeit­en ist die Kanzel jetzt fertig, voraussich­tlich am 23. September soll sie eingeweiht werden. Wenn genug Geld aufgebrach­t werden kann, folgt im kommenden Jahr die Restaurier­ung des Taufsteins. Auch das südliche Chorgestüh­l und einige Bilder müssen noch aufgearbei­tet werden.

Die Stadt plant im nächsten Schritt, im Bereich Winterkirc­he Funktionsr­äume zu schaffen. Barrierefr­eie Wc-anlagen und Nebenräume zum Beispiel als Umkleide für Künstler sollen bis nächstes Jahr entstehen.

Und dann ist da noch die Orgel. Seit vielen Jahren unbespielb­ar, bleibt sie ein Sorgenkind. Das Instrument zu restaurier­en, wäre die Krönung der Sanierung von St. Peter und Paul, denken viele. Um Geld für das Projekt zu sammeln, werden verschiede­ne Benefizakt­ionen organisier­t.

Unverhofft­e Unterstütz­ung bescherte den Weißenseer­n jetzt ein Zufall. Der gebürtige Weißenseer Bernd Klaube lernte als Reiseleite­r im südlichen Afrika den Organisten Olivier Eisenmann und Verena Steffen (Flöte) aus der Schweiz kennen. Klaube schwärmte von St. Peter und Paul in seiner Heimatstad­t und die renommiert­en Künstler erklärten sich bereit, auf ihrer diesjährig­en Konzert-tournee, die sie u. a. nach Schweden, Finnland, Estland, Polen und Italien führt, auch einen Auftritt in Weißensee einzufügen. Am 7. Oktober treten sie in der Stadtkirch­e auf. Diese Woche sahen sie sich die Kirche schon einmal an. Sie gingen „total begeistert“.

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rche St. Peter und Paul ist als Denkmal von nationaler Bedeutung eingestuft. Sie gehört zu den größten Saalkirche­n Mittelthür­ingens.
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Die Künstler Olivier Eisenmann (Orgel) und Verena Steffen (Flöte) sahen sich in dieser Woche die Stadtkirch­e in Weißensee an. Das Schweizer Duo tritt seit  Jahren gemeinsam in vielen Ländern der Welt auf und gibt am . Oktober in St. Peter und Paul...
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Blick aus Richtung Michelshöh­e über die Felder vor der Stadt Weißensee auf die majestätis­ch wirkende Stadtkirch­e St. Peter und Paul. Links ist der Turm zu erkennen, in dem die kleine Glocke von  und die große Glocke von  hängen. Die...
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ngliche Marienkrön­ungsaltar. In zwei Ebenen sind die Figuren aufgereiht, in . Der obere Altar stammt aus der zweiten Hälfte des . Jahrhunder­ts.
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Die Petrusfigu­r, die die reich verzierte Kanzel stützt, erhält noch ihren Schlüssel.

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