Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Millionen-Geschäft mit Wanderern

Wegenetz soll massiv ausgedünnt werden. Hotels, Pensionen und Gaststätte­n müssen bei Service und Qualität zulegen

- Von Peter Rathay

Erfurt. Thüringen ist bei Wanderern überdurchs­chnittlich beliebt. Neben deutschen Urlaubern sind es vor allen Dingen Gäste aus den Niederland­en, die es in den Freistaat zieht. „Mit 710 Millionen Euro entfallen bereits etwa 23 Prozent des touristisc­hen Umsatzes auf den Wandertour­ismus“, bestätigt Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD).

Allein der Deutsche Wandertag, der Ende Juli in der Wartburgre­gion stattfinde­t, lockt 30 000 zusätzlich­e Touristen an – und bringt geschätzte Mehreinnah­men von rund drei Millionen Euro. Schon seit Monaten ist in Eisenach kein Hotelzimme­r mehr für diese Zeit zu bekommen. Die Gäste müssen ausweichen, nach Mühlhausen, Friedrichr­oda oder Tabarz.

Bundesweit etwa neun Prozent aller Wanderunge­n führen durch eine Region in Thüringen, auf der Bekannthei­tsliste der führenden Gebiete steht der Thüringer Wald auf Platz 7, auch wenn man dort in der letzten Zeit mit schwächeln­den Gästezahle­n zu kämpfen hatte. Der Rennsteig, der sich mit seinen über 168 Kilometern Länge über den Mittelgebi­rgskamm schlängelt, ist und bleibt der beliebtest­e Wanderweg im Freistaat.

Die Thüringer Tourismus-Gesellscha­ft (TTG) hat die Aktivurlau­ber und die Gruppe der Gelegenhei­tswanderer schon länger im Blick. „Wir können mit attraktive­n Routen werben – aber die Gäste erwarten auch, dass die Angebote regelmäßig weiter entwickelt werden“, erklärt TTG-Chefin Bärbel Grönegres. „Heutzutage erwarten Wanderer naturnahe Wege, Einkehrmög­lichkeiten und natürlich auch eine gute Beschilder­ung“, so Grönegres weiter.

In den letzten 17 Jahren flossen insgesamt 10,3 Millionen Euro in den Ausbau der Thüringer Wanderwege, investiert wurde unter anderem in Schutzhütt­en, Sitzgelege­nheiten und Infrastruk­tur. „Wandern ist ein Top-Thema von herausrage­nder wirtschaft­licher Bedeutung“, so Minister Tiefensee weiter.

Deshalb soll bis zum Jahr 2025 eine neue Wanderwege­konzeption umgesetzt werden. Dabei will man sich auf besonders attraktive Routen fokussiere­n, die dann dauerhaft unterhalte­n und vermarktet werden können. Zu diesen Top-Routen gehören unter anderem der Lutherweg, der Rennsteig oder der Vogtland-Panorama-Weg. Ergänzt werden diese durch Pfade zu ausgesucht­en Zielen wie etwa die Wartburg, die Dornburger Schlösser oder die Drachensch­lucht. Bedeutet: Das rund 17000 Kilometer lange Wanderwege­netz in Thüringen wird kräftig ausgedünnt.

Das Wirtschaft­sministeri­um geht von zukünftig maximal 20 Top-Routen aus, zu denen eine sogenannte B-Qualität hinzukommt – insgesamt 7500 Kilometer. Die Kosten für die Schaffung der nötigen Infrastruk­tur bezifferte Tiefensee auf rund 18 Millionen Euro.

Auch auf die häufig geäußerte Kritik am Service in den Thüringer Gaststätte­n und Hotels will man reagieren. „Ich erwarte von allen ein Höchstmaß an Gastlichke­it“, hatte Tiefensee bereits im Vorfeld des Deutschen Wandertage­s erklärt. Denn die Wanderer sind zwar zahlungskr­äftig – aber sie werden auch immer anspruchsv­oller.

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20 Wanderwege zählen zu den Top-Routen

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