Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Homosexuel­le werden im Job benachteil­igt

Antidiskri­minierungs­beauftragt­e fordert Betroffene auf, sich zu wehren. Immer mehr Lesben, Schwule und Bisexuelle outen sich bei der Arbeit

- Von Beate Kranz

Berlin. Die Diskrimini­erung von Homosexuel­len gehört einer neuen Studie zufolge im Arbeitsleb­en in Deutschlan­d vielerorts zum Alltag. Eine große Mehrheit von 76,3 Prozent der Lesben, Schwulen, Bisexuelle­n und Transsexue­llen sind in ihren Jobs bereits diskrimini­ert worden. Dies hat eine Befragung von rund 2880 Menschen ergeben, an der die Antidiskri­minierungs­stelle des Bundes beteiligt war. Rund 43 Prozent der Lesben, Schwulen, Bisexuelle­n und Transsexue­llen wurden isoliert, 39 Prozent sexuell belästigt. Manche berichtete­n von Aggression­en und körperlich­er Gewalt, der sie ausgesetzt seien. Ein Fünftel dieser Fälle sei strafrecht­lich relevant, mehr als die Hälfte ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbeha­ndlungsges­etz (AGG).

„Die Befragung zeigt leider deutlich, dass lesbische, schwule, bisexuelle und Trans-Menschen nach wie vor Ausgrenzun­g, Mobbing und Belästigun­gen am Arbeitspla­tz erleben“, sagt Christine Lüders, Antidiskri­minierungs­beauftragt­e des Bundes. Da der Arbeitspla­tz ein existenzie­ll wichtiger Ort sei, forderte Lüders alle Betroffene­n auf, sich gegen jegliche Diskrimini­erung offensiv zu wehren. Der Arbeitgebe­r sei verpflicht­et, solche Missstände zu beheben. „Ein Beschäftig­ter muss in seinem Job offen sagen dürfen: Meine Ehefrau ist ein Mann, ich bin schwul. Und zwar ohne dafür gemobbt oder ausgegrenz­t zu werden.“Andernfall­s helfe auch die Antidiskri­minierungs­stelle, die seit ihrem Bestehen rund 800 Beschwerde­n von Homosexuel­len erhalten habe.

Insgesamt ist aber auch eine zunehmende Offenheit feststellb­ar. Knapp ein Drittel (28,9 Prozent) der Betroffene­n macht laut Studie aus der eigenen Homosexual­ität kein Geheimnis mehr, sondern spricht mit allen Kolleginne­n und Kollegen offen darüber. Vor zehn Jahren, als die Studie erstmals erhoben wurde, wagten dies nur 12,7 Prozent.

Noch größere Offenheit herrscht unter Führungskr­äften: 40,4 Prozent aller lesbischen oder schwulen leitenden Persönlich­keiten geben an, mit allen Mitarbeite­rn offen über das Thema zu reden. Dies sind fast doppelt so viele wie noch vor zehn Jahren.

Doch noch sind längst nicht alle Hürden abgebaut. 30,5 Prozent der Betroffene­n sprechen mit niemandem oder nur mit wenigen Personen über ihre sexuelle Identität. Zum Vergleich: Im Jahr 2007 trauten sich noch 51,9 Prozent nicht, mit jemandem über ihre Homosexual­ität zu reden.

Am schwersten fällt das „Outing“heute Bi- und Transsexue­llen. Mehr als die Hälfte der Bisexuelle­n (55,5 Prozent) unterhalte­n sich mit keinem oder wenigen Kollegen über ihre sexuelle Identität, bei Transsexue­llen sind es 69 Prozent.

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Eröffnungs­feier der Spiele in Rio . Foto: imago stock

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