Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Ein Roboter für Gedichte
Der Schriftsteller Arnon Grünberg, der im Oktober 2016 mit großem Erfolg Gast der Erfurter Herbstlese war und in seiner Heimat gerade zur Persönlichkeit Nummer 1 in der niederländischen „Cultuur Top 100“gewählt wurde, hat seine Landsleute wieder einmal verblüfft. Grünberg, der für die Tageszeitung „de volkskrant“Kolumnen schreibt, hat jetzt einen Roboter bauen lassen, der selbstständig diese Texte verfasst. Das ist verblüffend. Denn gerade in den Niederlanden ist der Glaube an ein ungebremstes Fortschrittsdenken nicht so ausgeprägt. Manche sehen schon die Herrschaft der Computer über die Menschen.
Auf der anderen Seite sind Algorithmen nicht gefährlich, sondern nur Befehlsketten für ein vorgegebenes Ziel. Schon 1953 hat Roald Dahl in einer Erzählung einen Erfinder vorhergesehen, der eine Maschine baut, die in einer Viertelstunde einen ganzen Roman produziert. So weit sind wir noch nicht. Experten gehen davon aus, dass ein brauchbarer Aufsatz für die Oberstufe frühestens im Jahre 2026 von einer Maschine geschrieben wird, ein Bestseller für die Liste der New York Times sogar erst 2050.
Arnon Grünberg hat die Maschine, die den Namen Grunbot trägt, mit 2000 Texten aus seiner Hand füttern lassen. Entstanden sind aus dem Netzwerk 60 Kolumnen. Nun ja. „Der Computer hat unfreiwillig viel Humor“, räumt Grünberg ein, der die Stücke im Internet lachend vorträgt. So stimmig ist das noch nicht, was da aus dem Grunbot kommt. „Ich bin froh, dass ich kein Dichter bin.“
Die Künstlerin Gabriele Stötzer, die in den Niederlanden und in Erfurt lebt, war im Herbst bei der Lesung von Arnon Grünberg dabei. Im Publikum hat sie dem Roman „Muttermale“, in dem es nebenbei um sexuelle Identitäten geht, gelauscht, ein bisschen gezeichnet und Wortspiele über den vorlesenden Schriftsteller gemacht. Heraus kam das Wort andro-grün.
Ein schöner Name für die zweite Generation der Grünbergschen Maschinen, die womöglich bessere Texte produziert.