Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Thüringer verlieren die Lust am Diesel-Auto
Zulassungen rückläufig. Handel mit Neuwagen steigt im Freistaat um vier Prozent
Erfurt.
Die Zulassungen von Diesel-Autos sind in Thüringen 2017 gegenüber dem Vorjahr deutlich rückläufig. Das gab der Landesverband des Kraftfahrzeuggewerbes Thüringen bekannt. Er ist die Interessenvertretung für mehr als 1000 KfzMitgliedsbetriebe und zwölf Kfz-Innungen. Während sich Neuwagenkäufer 2016 noch mehr als 26 100 Diesel-Fahrzeuge angeschafft hatten, sank diese Zahl auf rund 22 200.
Verbandsgeschäftsführer Dietmar Hoffmann überrascht diese Entwicklung nicht. „Sie ist natürlich auf die Auswirkungen des Diesel-Skandals zurückzuführen“, sagte er der Thüringer Allgemeinen. „Beim Verbraucher hat sich Unsicherheit breit gemacht“. Und die würde sich auch auf Thüringen auswirken. Hier betrug der Anteil von Diesel-Autos im Jahr 2016 immerhin 39 Prozent, 2017 aber lediglich noch 32 Prozent. Zugleich habe es einen Anstieg bei den Benzin-Fahrzeugen (von 60 auf 65 Prozent) und bei den ElektroAutos (von 1 auf drei Prozent) gegeben.
Insgesamt hat der Handel mit Pkw-Neuwagen in Thüringen 2017 weiter zugelegt. Das ergeben die Länderzahlen des Kraftfahrtbundesamtes (KBA). Im Freistaat wurden danach im vorigen Jahr 69 317 neue Autos zugelassen, 3,7 Prozent mehr als 2016. Damit lag Thüringen, das mit zugelassenen 1,2 Millionen Fahrzeugen ohnehin schon als Autoland gilt, über dem bundesweiten Zuwachs.
Deshalb blickt Dietmar Hoffmann trotz Diesel-Skandals auf ein tolles Jahr in der Branche zurück. Als wesentliche Gründe für den Anstieg nennt der 47Jährige die positive Wirtschaftslage sowie die stabile Konjunktur mit guter Konsumlaune. Dass gleichzeitig die Zulassung von Krafträdern rückläufig ist (von 3807 auf 2913), sieht er dabei nicht als Makel des Trends, die Zahlen bei den Zweisitzern würden öfters stagnieren.
Gerade der Pkw-Kauf, so Hoffmann, sei ein deutlicher Indikator für die Stimmung der Verbraucher und der Kaufkraft. Eine optimistische Grundhaltung sei gerade im Kfz-Bereich wegen seiner Umsatzstärke und Vielfältigkeit mit Produktion, Teile-Zulieferung, Reparatur, Pflege oder Wartung wichtig.
Ob die Krise rund um die Diesel-Autos dauerhaft ist – betroffen ist vor allem auch der Gebrauchtwagenmarkt – hängt von Hoffmann entscheidend von der Politik ab. Da müssten auch mit Blick auf die angestrebte Reduzierung des CO2-Ausstosses richtungsweisende Entscheidungen getroffen werden, auch was eventuelle Nachrüstungen von Fahrzeugen betrifft. „Damit Verkäufer und Halter wieder eine Sicherheit haben.“
Einen rasanten Zuwachs bei Elektroautos erwartet er bis 2020 noch nicht, auch wenn bis dahin mal eine Million Fahrzeuge als Ziel angegeben wurden. „Ich glaube, das ist nicht realistisch. Denn als Voraussetzung müssen ja auch die Infrastruktur mit Ladesäulen und die entsprechende Reichweite passen“, so Hoffmann. Händeringend würden Lehrlinge gesucht, um die technische Herausforderungen der neuen Auto-Generation zu meistern. Derzeit erwirtschaftet der Werkstattbereich bei Autohändlern rund drei Viertel des Ertrages. ▶