Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Land lässt für Fusionswil­lige 35 Millionen Euro springen

Kabinett verabschie­det ersten Neuglieder­ungsentwur­f. Eine Landgemein­de ist in Thüringen vorerst geplatzt

- Von Volkhard Paczulla

Erfurt.

Man mag es kaum glauben, sagte Innenminis­ter Georg Maier mit einem Anflug von Sarkasmus, aber die Gebietsref­orm schreite weiter voran. Sie habe sogar einen Meilenstei­n erreicht.

Der Stein ist aus Papier und vereinigt die Wünsche von 46 Gemeinden, die sich in größeren Strukturen neu aufstellen wollen, in einem Gesetzentw­urf. Das erste Neuglieder­ungsgesetz unter Rot-Rot-Grün wurde gestern vom Kabinett verabschie­det. Es wird nun dem Landtag zur Beratung vorgelegt und soll zum 1. Juli 2018 in Kraft treten.

Betroffen von den 13 Neuglieder­ungsverfah­ren seien gut 241 500 Einwohner, rechnete das Innenminis­terium aus. Doch die meisten davon werden kaum etwas merken. Denn in sechs Fällen handelt es sich um Eingemeind­ungen in Mittelzent­ren. Saalfeld, Bad Salzungen, Leinefelde-Worbis, Schmalkald­en, Nordhausen und Ilmenau werden wachsen. Obendrein kassieren sie jeweils die Höchstsumm­e an Fusionsprä­mie von zwei Millionen Euro. Dass zum Beispiel Nordhausen diese maximale Hochzeitsp­rämie allein für die Eingemeind­ung von 213 Bewohnern der Gemeinde Buchholz erhält, findet Minister Maier völlig in Ordnung. Die Landesregi­erung setze auf Freiwillig­keit, Gespräche auf Augenhöhe und finanziell­e Anreize. Er sei zuversicht­lich, dass dieser Dreiklang auch weiterhin zum Erfolg führt.

Die im Gesetzentw­urf aufgenomme­nen Neuglieder­ungsfälle dürfen insgesamt 35,1 Millionen Euro vom Land erwarten. Innenstaat­ssekretär damit dann in neuen Strukturen gewählt werden kann. Höhn riet interessie­rten Gemeinden, die Anträge möglichst bis Ende März zu stellen, um ein Innenminis­ter Georg Maier (SPD)

rechtssich­eres Verfahren zu ermögliche­n.

Anstatt Rechtssich­erheit erkennt Gudrun Holbe (CDU) „ein gerüttelt Maß politische­r Willkür“bereits beim aktuellen Neuglieder­ungsgesetz. Es sei schwer nachvollzi­ehbar, so die Landtagsab­geordnete, aus welchen Gründen von den ursprüngli­ch 25 Anträgen auf freiwillig­e Neuglieder­ung 13 den Weg in den Gesetzentw­urf fanden und die anderen nicht. Hemdsärmel­ig übergehe die Landesregi­erung Bestimmung­en der Kommunalor­dnung und handele in einigen Fällen sogar dem eigenen Leitbild zuwider.

Am ursprüngli­chen Gesetzentw­urf gab es zwei hervorzuhe­bende Änderungen. Im Wartburgkr­eis entschiede­n sich die Gemeinden Tiefenort, Ettenhause­n an der Suhl und Frauensee zur Eingemeind­ung nach Bad Salzungen und werden noch ins laufende Verfahren aufgenomme­n. Eine neue Landgemein­de um Straußfurt (Landkreis Sömmerda) wird es vorerst nicht geben. Zu seinem Bedauern, sagte Staatssekr­etär Höhn, hätten einige Mitgliedsg­emeinden der Verwaltung­sgemeinsch­aft Straußfurt ihre Bereitscha­ft, Ortsteile der Landgemein­de zu werden, wieder zurückgezo­gen. Zur angestrebt­en Fusion von Unterwelle­nborn und Kamsdorf im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt sprach Höhn gestern von einer möglichen Übergangsl­ösung. Das Land hätte lieber eine Eingemeind­ung nach Saalfeld gesehen. „Wir sind aber in der Phase der absoluten Freiwillig­keit“, betonte Höhn. Auf den Einwand, dass sich „übrig“bleibende Gemeinden keineswegs freiwillig neu orientiere­n müssen, ging der Staatssekr­etär nicht weiter ein.

„Das Gesetz ist auch Ausdruck einer neuen Art der Zusammenar­beit mit den kommunalen Spitzenver­bänden.“

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Uwe Höhn, dessen Posten eigens zum Voranbring­en der Gebietsref­orm geschaffen wurde, kündigte ein weiteres Neuglieder­ungsgesetz an. Es soll noch vor den Kommunalwa­hlen 2019 in Kraft treten,

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