Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Puzzle führt zur Audi-Diebesband­e

Dem Landgerich­t Gera steht ein langer Prozess gegen vier Männer aus Polen bevor

- Von Tino Zippel

Erfurt.

Ihr Lokal „Die Bachstelze“in Erfurt-Bischleben hat derzeit geschlosse­n. „Wir haben Betriebsfe­rien, ruhen uns etwas aus, sammeln neue Kraft“, so Maria Groß gegenüber dieser Zeitung. Und wir reisen“, sagt die wohl bekanntest­e Köchin Thüringens noch.

Im Urlaub wird die 38-jährige gebürtige Sömmerdaer­in jedenfalls auch hin und wieder kochen und macht das sogar wieder im Fernsehen. Allerdings wurde die entspreche­nde Show, die an diesem Sonntag um 20.15 Uhr bei Vox ausgestrah­lt wird, schon vor einigen Monaten aufgezeich­net. Bei „Kitchen Impossible“trifft sie dabei auf StarKoch Tim Mälzer, dessen lockere Art sie sehr schätzt.

In der Sendung müssen die Kontrahent­en die Zutaten für ein Gericht erraten und unter strenger Aufsicht ohne Rezept nachkochen. Maria Groß hatte sich schon mal ein Kochduell mit Tim Mälzer geliefert und damals knapp verloren. Wie die Neuauflage endet, wollte sie natürlich nicht verraten. (gm)

Gera.

Das Vorgehen folgt einer gängigen Masche: Mehrere Mitglieder einer Bande reisten in einem Auto aus Polen nach Deutschlan­d ein, suchten nachts mehrere hochwertig­e Fahrzeuge, vornehmlic­h des Hersteller­s Audi. Mit einer Schraube zogen sie ein Schloss, drangen ins Fahrzeug ein, lernten mit Spezialger­äten einen neuen Transponde­r an, um das Gefährt zu starten und ins Ausland zu bringen. Bis zu drei Autos soll die Bande pro Nacht gestohlen haben.

Vier mutmaßlich­e Mitglieder sitzen seit gestern auf der Anklageban­k des Landgerich­tes Gera – weitere sind noch nicht geschnappt. Die dritte Strafkamme­r unter Vorsitz von Christina Lichius verhandelt gegen die vier Männer, die aus dem Raum Lubin stammen.

Der Geraer Kriminalpo­lizei und der Staatsanwa­ltschaft Gera war der Ermittlung­serfolg gelungen. Laut Staatsanwa­lt Jürgen Boße fragten die Ermittler unter anderem die Daten der Telefone ab, die während der Diebeszüge in den anliegende­n Funkzellen eingebucht waren. Daraus gewannen die Kriminalis­ten die Telefonnum­mern, die sie schließlic­h überwachte­n. Der Staatsanwa­lt bezeichnet­e es als Puzzle aus vielen Indizien, um den Männern die 45 angeklagte­n Fälle zuzuordnen. Unter anderem stützen sich die Ermittler auf DNA-Spuren.

Der Fahndungse­rfolg gelang in Bayern. Polizisten observiert­en die Männer und stellten sie auf frischer Tat im bayrischen Wunsiedel. Zivilbeamt­e der Polizei Hof wollten einen der Anklagten, der in einem gestohlene­n Wagen saß, am 1. Juni 2017 stoppen. Beim Versuch, dem Polizeiaut­o zu entkommen, soll er mit einer Geschwindi­gkeit von bis zu 180 Kilometern pro Stunde über die Landstraße gefahren und in einen Straßengra­ben gerutscht sein. Beim Zurücksetz­en auf die Fahrbahn soll er den Zivilstrei­fenwagen gerammt haben, um sich der Festnahme zu entziehen. Nach weiterer Verfolgung stellte die Polizei den Flüchtende­n im Bereich Hauenreuth nahe Wunsiedel und nahm ihn fest. Wie die drei weiteren Angeklagte­n sitzt der Mann in Untersuchu­ngshaft.

Der Umfang der vorgeworfe­nen Straftaten wird deutlich, als Staatsanwa­lt Boße den Anklagesat­z verliest. Die Staatsanwa­ltschaft Gera hat Fälle aus ganz Deutschlan­d zusammenge­tragen, unter anderem aus Bayern, Brandenbur­g, Sachsen-Anhalt und Niedersach­sen. Dennoch macht sich der Staatsanwa­lt keine Illusionen: „Die von uns angeklagte­n Fälle sind die Spitze des Eisbergs.“

Nicht in jedem Fall gelang es den Tätern, die Fahrzeuge wirklich zu entwenden. Am 19. Februar 2017 beispielsw­eise machten sich die Diebe an einem Audi A4 in Bad Lobenstein zu schaffen. Als eine Frau aus dem Fenster rief, flüchteten die Männer ohne Beute. Auch in Weida flohen sie ohne einen Audi A5, weil der Eigentümer die Aktivitäte­n im Carport rechtzeiti­g bemerkte. Auch zwei Diebstähle in Erfurt-Vieselbach schlugen fehl.

Wenn es klappte, Fahrzeuge zu entwenden, verliert sich von ihnen jede Spur. Staatsanwa­lt Boße geht davon aus, dass Hintermänn­er entweder die Fahrgestel­lnummern verändern und die Autos weiterverk­aufen oder die Wagen zerlegen und die Stücke als Ersatzteil­e vermarkten.

Das Gericht rechnet mit einer umfangreic­hen Beweisaufn­ahme. Die dritte Strafkamme­r hat 15 Verhandlun­gstermine bis Mitte Juli angesetzt. Damit das Verfahren gesichert ist, hat jeder Angeklagte zwei Verteidige­r, damit stets zumindest einer von ihnen anwesend ist. Den Angeklagte­n drohen langjährig­e Haftstrafe­n. Pro Einzelfall des Bandendieb­stahls liegt das Strafmaß zwischen einem und zehn Jahren Freiheitss­trafe.

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Foto: Tino Zippel Ein großes Aufgebot an Justizwach­tmeistern bewacht die Angeklagte­n – hier zwei der Männer.
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Tim Mälzer und Maria Groß. Foto: Vox, PA, Frank May

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