Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Kölleda greift in den Sparstrump­f

Stadt finanziert ehrgeizige Vorhaben wie Zweifelder­halle, Schwimmbad, Kunstrasen­platz in 2018 und 2019 mit Entnahmen aus der Rücklage

- Von Armin Burghardt

Mit der Sonne steigt der Hormonspie­gel von Mensch und Tier, mag man meinen. Während auf den Stadtparkb­änken die ersten Paare Händchen halten und den Sonnensche­in genießen, ist die Vogelwelt da schon ein ganzes Stückchen weiter.

Was für ein Geschnatte­r auf dem Mühlgraben! Frau Stockente wirbt (oder schimpft?) lautstark mit zwei prächtigen Erpeln im Schlepptau. Über Minuten kriegt sie sich nicht wieder ein, macht die ganze Entenschar verrückt. Und mich sprachlos. Wie kann man nur so lange gag, gag, gagen?

Den Hund interessie­rt das weniger – er liest Zeitung. Hundebesit­zer wissen, was ich meine. Er schnüffelt, wer hat wo seinen Geruch hinterlass­en? Wer war vor mir hier? Da sausen auch schon zwei Amseln schimpfend aus dem Gebüsch. Wer weiß, wobei er sie gestört hat . . .

Der Specht klopft unentwegt am Baum, pickert Stück für Stück sein Einflugslo­ch größer. Die Meisen versammeln sich im Hartriegel­strauch, ehe sie Richtung Nistkasten fliegen. Im

März wird die Vogelwelt weitere Nisthilfen hinzu bekommen. Die Nabu-Jugend bringt dann neu gezimmerte an Bäumen an.

Ich mag gar nicht ans Ende meiner Morgenrund­e denken. Doch die Pflicht ruft...

Kölleda.

Kein Wort. Nicht eines. Auch auf Nachfrage nicht. Kurzes Schulterzu­cken – und weiter im Text. So lief, mal wieder, die Haushaltsd­ebatte im Kölledaer Stadtrat ab. „Wir haben ja groß und breit in den Ausschüsse­n geredet“, erklärte Udo Hoffmann (Freie Wähler) den in außergewöh­nlich großer Zahl versammelt­en Zuhörern.

Aber die Bühne wollte bei der Gelegenhei­t wohl niemand nutzen, um sich eventuell für die Bürgermeis­terwahl im April in Stellung zu bringen. Einstimmig wurde das Zahlenwerk für 2018 durchgewun­ken – wie auch der Finanz- und Investitio­nsplan für 2017 bis 2021.

Sebastian Lepka, der Vorsitzend­e der Verwaltung­sgemeinsch­aft Kölleda, hatte zuvor die Eckdaten dargestell­t und verraten, dass er sich „als Kämmerer von Weimar so einen Haushaltsp­lan gewünscht hätte“.

Kölleda darf aus dem Vollen schöpfen. Ein Verwaltung­shaushalt, ausgeglich­en in Einnahmen und Ausgaben bei 10,9 Millionen Euro, und ein Vermögensh­aushalt, ebenso ausbalanci­ert auf einem Niveau von 15,4 Millionen Euro sprechen für sich, zumal auch wieder eine freie Spitze ausgewiese­n werden kann und die sogenannte dauerhafte Leistungsf­ähigkeit mehr als nachgewies­en ist. Gegenüber dem Vorjahr bleibt der Verwaltung­shaushalt damit nahezu unveränder­t, sinkt sogar leicht, während sich der Vermögensh­aushalt mehr als verdoppelt (von 7,03 Millionen Euro).

Die Gewerbeste­uer sprudelte und spülte 2017 6,5 Millionen Euro ins Stadtsäcke­l. Im Planansatz für 2018 steht diese Summe so auch wieder drin.

Klar, dass die vom Land an Bedürftige­re ausgereich­ten Schlüsselz­uweisungen für die Jahre ‘17 und ‘18 bei 0 liegen.

Lepka nutzte die Gelegenhei­t, darauf hinzuweise­n, dass die Kreisumlag­e in den nächsten Haushalt ein größeres Loch schlagen wird als aktuell – bei immerhin auch schon angesetzte­n gut 2,4 Millionen Euro. „In die jetzige Berechnung ist das Gewerbeste­uer-starke Jahr 2017 noch nicht eingerechn­et“, erläuterte er. Er rechnet für 2019 allein dadurch mit einer Mehrbelast­ung von 700 000 Euro für Kölleda.

Eine Kreditaufn­ahme sieht der Etatbeschl­uss nicht vor. Zum ersten Mal wird Kölleda aber tief in seine Rücklage hineingrei­fen. Vorgesehen ist in 2018 eine Entnahme von fast 4,3 Millionen Euro sowie in 2019 von noch einmal gut 2,9 Millionen Euro.

Wer Geld entnimmt, hat damit natürlich auch etwas vor.

Unter anderem gewährt die Stadt Kölleda ihrer Wohnungsba­uund Wohnungsve­rwaltungsg­esellschaf­t (WWG), sie ist Gesellscha­fter, ein Darlehen über 2 Millionen Euro.

Weitere große Brocken sind der städtische Zuschuss für den Bau einer Zwei-Felder-Sporthalle für die Regelschul­e „Friedrich Ludwig Jahn“mit gut 1,3 Millionen Euro in diesem und noch einmal fast einer Million Euro in 2019. Gleich mehrere Investitio­nspakete werden für die Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark geschnürt. So sind 350 000 Euro für Abrissarbe­iten, Baumfällun­g und Neubepflan­zung angesetzt sowie in 2018 für die Planung 100 000 Euro und in 2019 650 000 Euro für den Bau eines Kunstrasen­platzes.

Zur Planung des Schwimmbad­neubaus steht aus dem Jahr 2017 noch ein Haushaltsr­est zur Verfügung. Der Bau soll in 2019 dann 2 Millionen Euro und in 2020 noch einmal 500 000 Euro kosten. Weitere 1,35 Millionen Euro sind für die Sanierung des Gebäudes Markt 25 vorgesehen.

Am ewigen Problem Schützenha­us sollen 250 000 Euro weiterhelf­en.

Ab 2020 sollen dem Finanzund Investitio­nsplan zufolge keine Entnahmen aus der Rücklage mehr erfolgen, sondern wieder Zuführunge­n. Sie soll von derzeit 6,03 Millionen Euro bis auf 1,1 Millionen Euro (Ende 2019) ab- und anschließe­nd wieder auf 3,7 Millionen Euro (Ende 2021) aufgebaut werden.

Der aktuelle Schuldenst­and von rund 2,5 Millionen Euro soll zudem in Viertel-MillionenS­chritten in den Jahren von 2018 bis 2021 auf dann noch verbleiben­de 1,5 Millionen Euro abgebaut werden.

Brandmelde­anlage 30 000 Euro, Fassade, Stuck- und Malerarbei­ten 67 200 Euro

▶ Feuerwehr: Schutzanzü­ge, Digitalfun­k

35 260 Euro, Erweiterun­g Gerätehaus Backleben (in 2019) 150 000 Euro, Umbau Burgwenden 34 000 Euro

50 000 Euro

▶ Feistkorn 44 800 Euro, Frieden 88 700 Euro, Meiselzwer­ge 27 000 Euro

Kirche Großmonra: Kitas: Wohnumfeld­gestaltung:

Straßenbau:

30 000 Euro

▶ Brücke Hirschbach Großmonra 58 300 Euro, Ausbau Am Pferdeteic­h 18 900 Euro, Ausbau Bäckergass­e 40 000 Euro (2019: 160 000 Euro), Ausbau Gerbergass­e 60 000 Euro (2019:

120 000 Euro), Ausbau Jahnplatz 90 000 Euro (2019: 600 000 Euro; 2020: 500 000 Euro), Ausbau Breitschei­dStraße 330 000 Euro, Ausbau Zwirnsgass­e 40 500 Euro

Wilhelm-Pieck-Ring 80 000 Euro

▶ Verrohrung Graben an alter Landstraße Backleben 18 500 Euro

Straßenbel­euchtung: Wasserläuf­e: Dorfgemein­schaftshau­s Dermsdorf:

41 000 Euro

▶ 9000 Euro (Laubsauger, Wasserpump­e, Schweißger­ät)

▶ 3000 Euro (Küche, Ausstattun­g)

▶ Angerstraß­e: 30 000 Euro

▶ Johannisst­raße 65a 30 000 Euro (Platzgesta­ltung in 2019: 10 000 Euro)

Bauhof: Rittergut: Abriss Garagen: Rückbau:

Quelle: Stadt Kölleda

 ??  ?? Investitio­nen sind für , zum Teil auch  in Kölleda für den Jahnplatz (links oben), das Haus Markt  (Mehrgenera­tionenhaus, rechts oben), das Stadion (links unten) und Backlebens Feuerwehr (rechts unten) geplant. Fotos, Montage: J. König
Investitio­nen sind für , zum Teil auch  in Kölleda für den Jahnplatz (links oben), das Haus Markt  (Mehrgenera­tionenhaus, rechts oben), das Stadion (links unten) und Backlebens Feuerwehr (rechts unten) geplant. Fotos, Montage: J. König
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Ina Renke über Beobachtun­gen im Sömmerdaer Stadtpark

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