Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Bibimbap mit den Fingern?

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Man kennt das ja: Wenig Zeit, großer Hunger. Also streifen wir durchs Alpensia Resort mit seinen schmucken Gebäuden im Landhaus-Stil. Unter den hölzernen Arkaden reiht sich ein Restaurant an das andere. Wir entscheide­n uns für einen Schnellimb­iss mit beschlagen­en Panorama-Fenstern. Auch hier in Korea gilt: Ist der Laden voll, muss es schmecken.

Wir zwängen uns in die letzte freie Ecke. Neben uns ringen zwei Kanadier mit den Tränen. Ihr dampfender Nudeltopf scheint nicht nur heiß, sondern auch scharf zu sein. An den Nachbartis­chen wird geschnäuzt und nach Luft geschnappt. Wer koreanisch essen will, braucht einen abgehärtet­en Gaumen. Dagegen verschling­en die Einheimisc­hen das extraschar­fe Kimchi, ohne mit der Wimper zu zucken. Den fermentier­ten und häufig mit Chili eingeriebe­nen Kohl gibt es praktisch zu jeder Mahlzeit. Er gilt als Vitaminspe­nder in der kalten Jahreszeit.

Die Speisekart­e ist zum Glück bebildert. Wir nehmen Bulgogi, mit der Schere zerteiltes und gegrilltes Rindfleisc­h, das an Geschnetze­ltes erinnert, und Bibimbap. Das Nationalge­richt besteht – akkurat im Kreis angerichte­t – aus Fleisch, Gemüse, Reis und einem Ei. Es wird lauwarm serviert und heißt so viel wie „Reis mischen“, was sonst in Korea nicht gern gesehen wird. Dann lieber schmatzen und schlürfen, aber bloß keine Suppen oder Speisen umrühren. Wer erwischt wird, dem droht eine Extraporti­on Feuer-Kimchi...

Bibimbap ist die Ausnahme. Was aber fehlt, ist das Rührwerkze­ug. Vergeblich blicken wir uns nach der Bedienung um, drängeln uns durch den Laden, suchen auf Tresen und Tischen. Nichts. Der Hunger nagt, die Zeit drängt. Hatten ausgerechn­et wir die Gerichte erwischt, die mit den Fingern zu verputzen sind? Plötzlich tippt mir Sinisa, ein langjährig­er BiathlonWe­ggefährte aus Slowenien, auf die Schulter und zeigt grinsend auf die unscheinba­re Schublade unter unserem Tisch. Darin liegen, fein säuberlich aufgereiht, verschiede­ne Stäbchen – und Löffel für die Suppe.

Wir sind gerettet.

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Marco Alles besuchte einen koreanisch­en Schnellimb­iss

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