Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

„Laura hat keine Schwäche“

Olympiasie­gerin Kati Wilhelm über die Medaillenj­agd der deutschen Biathleten, Dahlmeier, Schipulin und ein Missgeschi­ck mit Soju

- „Ich hasse Schnee. Ich bin ein Weichei.“Von Marco Alles

Chloe Kim (17) aus den USA, Olympiasie­gerin in der Halfpipe

Pyeongchan­g.

Vier Rennen, vier Medaillen, davon drei goldene. Die deutschen Biathleten haben einen glänzenden Start hingelegt. Über die Gründe des Erfolges sprachen wir mit einer, die in Pyeongchan­g selbst Geschichte geschriebe­n hat: Bei der WM 2009 avancierte Kati Wilhelm mit zweimal Gold und zweimal Silber zur herausrage­nden Skijägerin. Heute ist die 41-Jährige als Fernsehexp­ertin im Einsatz.

Frau Wilhelm, ist es „Sanshin“, der die deutschen Biathleten so stark macht?

San, was? Sind das die Lampen, die die Deutschen aufgestell­t haben, um Tageslicht in den Unterkünft­en zu simulieren?

Nein, das ist der koreanisch­e Gott der Berge, den es ja auch hier im Taebaek-Gebirge geben muss.

Hier gibt‘s doch gar keine richtigen Berge. Vielleicht liegt es daran, dass die Deutschen die Spiele ganz normal angegangen sind. Manche wollen es bei Olympia besonders gut machen, sind übervorsic­htig und suchen nach dem perfekten Weg – aber das bringt meistens nichts. Wie man an den Norwegern sieht, die bislang versagt haben.

Was ist das Erfolgsgeh­eimnis?

Vielleicht helfen die schwierige­n Windbeding­ungen, dass sie sich besonders fokussiere­n, und die wenigen Zuschauer. Hier kommt man sich gegenüber den Weltcups fast unbeobacht­et vor.

Laura Dahlmeier findet das gar nicht so schlecht, weil sich der Trubel in Grenzen hält. Ist sie die komplettes­te Biathletin aller Zeiten?

Ja, ich glaube schon. Sie hat keine Schwächen, sie beherrscht alles – egal, ob etwas Unvorherge­sehenes passiert oder sie Druck bekommt wie am Montag in der Verfolgung von Anastasja Kuzmina. Auch Krankheits­ausfälle können sie nicht stoppen, wie wir jetzt sehen. Wenn es etwas zu verbessern gibt, sind es allenfalls die Schießzeit­en. Aber das muss sie gar nicht, weil sie ja praktisch immer trifft.

Sie selbst haben sicher nur gute Erinnerung­en an Pyeongchan­g. Haben Sie das Land seit 2009 ins Herz geschlosse­n?

Ich bin generell offen für neue Kulturen. Mich interessie­rt das Andere, das will ich ausprobier­en. Heute war ich in so einer Suppenküch­e inmitten von Koreanern und habe eine Rindfleisc­hSuppe probiert. Die war lecker, nur beim Getränk lag ich falsch.

Warum?

Neben mir haben alle so eine grüne Flasche gehabt. Die habe ich auch geordert und einen kräftigen Schluck genommen. Erst konnte ich den Geschmack nicht zuordnen, bis ich gemerkt habe, dass es dieser „Soju“ist.

Der beliebte Reisschnap­s?

Genau – und das zum Mittag. Die Flasche habe ich lieber nicht ausgetrunk­en.

Sind Sie froh, in der Kälte nicht mehr mitlaufen zu müssen?

Ich bin früher ganz gut mit der Kälte zurechtgek­ommen, auch wenn es unangenehm ist. Die Sportler heute sind es nicht mehr ganz so gewöhnt. Aber mitlaufen möchte ich nicht mehr.

Einer, der gern gestartet wäre, ist Anton Schipulin. Er wurde, wie zwölf weitere russische Sportler, nicht zugelassen. Hat das IOC damit ein Zeichen gesetzt im Skandal um russisches Staatsdopi­ng? Oder ist es schwer nachzuvoll­ziehen, jemanden ohne positive Dopingprob­e den Start zu verwehren?

Ganz verstehe ich das nicht. Für mich gehört ein Sportler erst gesperrt, wenn es eine positive Probe gibt. Irgendwie hat man den Eindruck, es wird wahllos entschiede­n. Ich habe kein eindeutige­s Kriterium erkannt. Dass in Sotschi manipulier­t wurde, ist ja unbestritt­en. Aber es muss vor allem geklärt werden, warum in russischen Laboren russische Kontrolleu­re die Proben von russischen Sportlern überprüfen konnten. Da müssen von der Wada unabhängig­e Leute eingesetzt werden.

Ihr Mann Andreas Emslander ist als Cheftechni­ker ebenfalls hier. Wer kümmert sich um Ihre beiden Kinder?

Meine Eltern. Denen ich dafür ganz sehr danke.

Haben Sie als Botschafte­rin für die WM 2023 in Oberhof schon die Werbetromm­el rühren können?

Noch nicht. Die Präsentati­on soll ja erst am Sonntag im Deutschen Haus stattfinde­n. Ich habe aber gestern gehört, dass Ole Einar Björndalen und Vincent Defrasne hier gesagt haben, für sie ist das Oberhofer Publikum das tollste aus der Welt. Das klingt doch schon mal gut.

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Kati Wilhelm vor dem Pressezent­rum, im Hintergrun­d ist die Sprungscha­nze zu sehen.
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Im Olympische­n Dorf teilen sich die Bayerin und die Thüringeri­n
Geschmack gekommen. „Wenn sie keinen haben, tut es Sekt aber auch“, meinte die 27-Jährige aufgekratz­t. Und Geisenberg­er nickte zustimmend. Im Olympische­n Dorf teilen sich die Bayerin und die Thüringeri­n
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