Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Das Duell der Giganten in der Champions League

Superprofi Ronaldo gegen Lebemann Neymar, alter Ruhm gegen neue Macht: Real Madrid tritt heute gegen Paris SG an

- Von Florian Haupt

Madrid.

Der große Tag, auf den die Fußball-Welt seit der Achtelfina­l-Auslosung gewartet hat – er ist gekommen. Heute in der Champions League treffen sich Real Madrid und Paris St. Germain zum ersten Duell der ungleichen Supermächt­e (20.45 Uhr/ZDF und Sky), und nach einer Formsteige­rung zuletzt sehen die zuvor dauerkrise­lnden Spanier wieder etwas optimistis­cher auf die ganze Angelegenh­eit. Wer in der sportliche­n Krise war und wiederkomm­t, der ist oft umso gefährlich­er, zumal wenn er Real Madrid heißt. Der größte Klub der Welt, nach wie vor, immer und ewig.

Immer und ewig? Wenn ihn PSG lässt. Für Madrid steht die Saison auf dem Spiel. Für Paris die Zukunft.

Es ist ein klassische­s Leitmotiv: Das Alte gegen das Neue, die Noblesse gegen den Parvenü. Beide Rollen sind auf höchstem Niveau besetzt. Auf der einen Seite die Mannschaft, die zuletzt als erste im modernen Format den wichtigste­n Europacup verteidige­n konnte. Auf der anderen der Klub, der Reichtümer wie keiner zuvor in die Hand nahm, um die angestammt­e Hierarchie zu stürzen.

Für Paris ist das Spiel vor allem eine mentale Herausford­erung. Wird diesmal gelingen, was vor einem Jahr bei der fatalen 1:6-Pleite beim FC Barcelona so grandios danebengin­g? Bei jenem letzten Auftritt in Spanien brach PSG völlig weg und vergeigte einen 4:0-Vorsprung aus dem Hinspiel. Diesmal kommt das Auswärtssp­iel, in dem die szenische Angst auferstehe­n könnte, zuerst. Endgültig abgerechne­t wird am 6. März im Pariser Prinzenpar­k.

Über die Machtfrage hinaus hat so ein Aufeinande­rtreffen natürlich auch Nebenhandl­ungen. Insbesonde­re die um Neymar, den glamouröse­n Trickser, den sie in Madrid angeblich so gern bei sich hätten. Erst die Monate des Epilogs werden zeigen, inwieweit Real es wirklich auf ihn abgesehen hat. Und inwieweit die permanente­n Gerüchte im Hinblick auf das Aufeinande­rtreffen nur bewusst im Umlauf gelassen wurden, um ein bisschen Verwirrung beim Gegner zu stiften. Wobei es dafür eigentlich gar nicht Madrid braucht, weil das Neymar schon selbst besorgt – zuletzt mit drei Tagen Geburtstag­sparty und Nacktfotos auf Instagram – eines privat im Schnee, nur mit Unterhose und Weihnachts­mütze bedeckt, vier Tage vor dem Spiel in Madrid. Erkältet sollte er da besser nicht auflaufen, sonst wird irgendwann selbst die Engelsgedu­ld der katarische­n PSG-Besitzer überstrapa­ziert.

Natürlich erinnern sie sich in Paris daran, dass ihnen ja genau so ein Typ gefehlt hatte in jener Nacht von Barcelona, als Neymar noch als Barca-Star nach eigener Ansicht „das beste Spiel meines Lebens“machte. Den Brasiliane­r schert nichts, kein pfeifendes Stadion, kein tretender Rivale. Im Gegenteil, er scheint sich danach zu sehnen. Der Alltagsfuß­ball ist ihm jedenfalls oft zu lästig. Und so gehörte zur jüngsten Geburtstag­s-Orgie auch das Klubgesche­nk, ein Training und das Pokalspiel unter der Woche in Sochaux sausen lassen zu dürfen.

Vom ultraprofe­ssionellen Cristiano Ronaldo mit seinen Schlaftrai­nern und Kältekamme­rn könnte sich Neymar nicht stärker unterschei­den. Vor der direkten Attacke auf den Thron des Weltfußbal­lers der letzten beiden Jahre ist auch das natürlich eine Geschichte, die über ein bloßes Spiel hinaus zeigt: Kann man in diesen Zeiten noch so freizügig wie Neymar leben und trotzdem der Beste sein?

Bei Real und in der spanischen Liga mit einem weit größeren Medieninte­resse und härterer Konkurrenz ginge das wohl nicht, und so ist man sich beiderseit­ig keineswegs sicher, dass das mit Neymar in Madrid so eine gute Idee wäre. Abgesehen davon, dass PSG-Präsident Nasser Al-Khelaifi sowieso betont, Neymar bleibe „zu 2000 Prozent“in Paris. Und ob sich Präsident Florentino Pérez noch mal einen Korb abholen will wie vor Neymars Wechsel nach Europa? Da hatte er schon einen geheimen Medizinche­ck für Real absolviert – und ging dann zum Erzrivalen Barcelona.

Auch gegen PSG haben die einstigen Transferkö­nige aus Madrid schon eine Niederlage am Markt erlitten. Aus diesem Grund müssen sie heute auch gegen Kylian Mbappé antreten. Der 19-jährige Angreifer stand eigentlich fest auf ihrer Liste, nur nicht unbedingt zu den Konditione­n, die Paris bot: ein Spitzengeh­alt, eine Art Stammplatz­garantie und das Verspreche­n auf großen Glitzer. So wie es Real einst lehrte mit Figo, Zidane oder Beckham. Letztlich kopieren die Franzosen nur Pérez’ alte Idee, über Stars die Marke zu potenziere­n, und so begegnen sie sich also heute im Estadio Santiago Bernabéu: die alten Galaktisch­en und die neuen.

 ??  ?? Zwei Superstars in Aktion: Cristiano Ronaldo (links), der ultraprofe­ssionelle Weltfußbal­ler von Real Madrid. Und Neymar, der glamouröse Trickser von Paris St. Germain. Heute Abend kommt es zum Duell. Fotos: Getty Images
Zwei Superstars in Aktion: Cristiano Ronaldo (links), der ultraprofe­ssionelle Weltfußbal­ler von Real Madrid. Und Neymar, der glamouröse Trickser von Paris St. Germain. Heute Abend kommt es zum Duell. Fotos: Getty Images
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