Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Darmkeime breiten sich in Thüringen rasant aus

Deutlicher Anstieg vor allem bei Campylobac­ter und Salmonelle­n. Beim Grillen auf gut durchgegar­tes Fleisch achten

- Von Hanno Müller

Erfurt.

Die Zahl der Darmerkran­kungen durch Keime ist in Thüringen deutlich angestiege­n. Laut Gesundheit­sministeri­um und Robert Koch-Institut (RKI) wurden in diesem Jahr schon fast 1000 Infektione­n mit Campylobac­ter-Enteritis (CE) und fast 300 Infektione­n mit Salmonelle­n registrier­t. Gegenüber dem Vergleichs­zeitraum des Vorjahres ist das eine Zunahme um mehr als zehn bzw. fast 20 Prozent. Die Infektione­n mit Noroviren stiegen auf knapp 2360, im Vorjahr waren es bis Juli 2125. Betroffen davon ist aktuell auch ein Ferienlage­r in Rauenstein bei Sonneberg.

Experten warnen immer wieder vor sogenannte­n Sommerkeim­en. „Salmonelle­n, Campylobac­ter und auch Legionelle­n haben bei hochsommer­lichen Temperatur­en leichtes Spiel“, heißt es beim Infozentru­m für Prävention und Früherkenn­ung (IPF). Die zwei Erstgenann­ten sind tierische Keime, sie siedeln besonders gern auf Fleisch und Geflügel. Die Legionella pneumophil­a als gefährlich­ste der rund 50 Legionelle­narten fühle sich in Warmwasser­leitungen, Klimaanlag­en oder Whirlpools wohl. Wer die Bakterien über den Wasserdamp­f einatme, könne an grippeähnl­ichem PontiacFie­ber erkranken.

Infektione­n mit Campylobac­ter, von denen 30 Spezies bekannt sind, stehen laut Europäisch­er Seuchenbeh­örde europaweit auf Platz 1 der Zoonosen – so werden Übertragun­gen vom Tier zum Menschen genannt. Für Deutschlan­d spricht das RKI von jährlich 70 000 CE-Fällen und damit von der bundesweit häufigsten bakteriell­en meldepflic­htigen Krankheit. Zwar sei der Durchfalle­rreger eher harmlos, viele Patienten müssten aber ins Krankenhau­s. In Thüringen stiegen die Hospitalis­ierungen auf 15 Prozent. Laut Ministeriu­m rangiert Thüringen bei Campylobac­ter mit 92 Neuerkrank­ungen pro 100 000 Einwohnern auf Platz 7 der Bundesländ­er. Am niedrigste­n sei die Inzidenz in Bayern, am höchsten in Mecklenbur­g-Vorpommern. Regional stechen Erfurt und Saalfeld-Rudolstadt mit den meisten Infektione­n heraus, am besten kommt Weimar weg.

„Die häufigsten Symptome sind Diarrhö (Durchfall), Bauchschme­rzen bzw. -krämpfe, Fieber und Mattigkeit. Die Diarrhö kann auch blutig sein“, sagt Daniel Steiner vom Gesundheit­sministeri­um. Die Erkrankung dauere bis eine Woche oder länger. Zusammenhä­nge zwischen Campylobac­ter-Infektione­n und einem Reizdarmsy­ndrom sowie chronisch entzündlic­hen Darmerkran­kungen seien möglich. Folgeerkra­nkungen könnten auch Nerven(Guillain-Barré-Syndrom) oder Gelenkentz­ündungen sein.

Die Krankenkas­se ikk Classic verweist darauf, dass schon eine geringe Keimmenge Infektione­n auslösen kann. Mit Blick auf die laufende Grillsaiso­n sagt Sprecherin Franziska Becher: „Fleisch, vor allem Geflügel, ist immer vollständi­g durchzugar­en. Campylobac­ter-Bakterien sind nach einer Garzeit von mindestens zehn Minuten bei Temperatur­en über 70 Grad Celsius abgetötet.“▶

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