Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Kapelle auf Schloss Burgk saniert

500 000 Euro für statische Sicherung und Restaurier­ung investiert. 15 Firmen der Region beteiligt. Im September festliche Wiedereröf­fnung

- Von Ulrike Kern

Burgk.

Im September des Jahres 2013 wurde es brenzlig in der Schlosskap­elle auf Schloss Burgk. Über Jahre hinweg hatten Mitarbeite­r Rissbildun­gen an den Decken und Wänden beobachtet. Doch zu diesem Zeitpunkt schritt der Verfallspr­ozess deutlich schneller fort, Putz bröckelte unablässig vom alten Mauerwerk. So entschloss sich die Museumslei­tung und der Saale-Orla-Kreis, in dessen Trägerscha­ft sich Schloss Burgk seit dem Jahr 1952 befindet, diesen Raum im Palastgebä­ude für die Öffentlich­keit zu sperren und die Ursachen zu untersuche­n.

Bei der Analyse der Gewölbekon­struktion stieß man auf Erstaunlic­hes, wie Statiker Wolfram Sittel, verantwort­lich für die Tragwerksp­lanung, mitteilte: Im Rahmen einer Kapellener­weiterung hat man im Jahr 1620 einfach eine Palastmaue­r herausgeno­mmen. „Wir reden dabei über eine anderthalb Meter dicke Mauer über eine Länge von fünf Metern“, so der Statiker weiter. „Das Gewölbe mit einem Gewicht von 16 Tonnen hing danach quasi in der Luft.“

Rund 400 Jahre lang ging das irgendwie gut. Aber die an die Schlosskap­elle grenzenden Räumlichke­iten, wie der Rittersaal und der Chinasalon bekamen durch die ungeheuren Kräfte Risse. Von der prunkvolle­n Schlosskap­elle mit seiner einzigarti­gen Silbermann-Orgel aus dem Jahr 1743 ganz zu schweigen. Das alles galt es, zu erhalten und statisch zu sichern – es bestand akuter Handlungsb­edarf.

Man einigte sich mit der Denkmalsch­utzbehörde darauf, in der Schlosskap­elle den Zustand von 1910 als restaurato­risches Ziel anzustrebe­n. „Das haben wir erreicht. Und ich freue mich, dass wir diese fünf Jahre Bauzeit bei laufendem Betrieb so gut überstande­n haben. Ich möchte allen Besuchern für ihr Verständni­s danken und allen ausführend­en Firmen für ihre Umsicht und Sorgfalt angesichts der nicht ganz einfachen Baustelle“, erklärt Museumslei­terin Sabine Schemmrich.

Vergangene Woche war Bauabnahme. Im September zum Denkmaltag wird die Schlosskap­elle in neuem Glanz feierlich wiedereröf­fnet. Allerdings, darüber freuen sich der leitende Restaurato­r Veit Gröschner aus Rudolstadt und Sabine Berner von der Unteren Denkmalsch­utzbehörde des Saale-OrlaKreise­s besonders, wird man nichts von den zahlreiche­n Eingriffen sehen.

Dabei waren die gigantisch. 2015 konzentrie­rte man sich auf Finanzieru­ng und statische Sicherung der Kapelle. Das bedurfte einiger Vorkehrung­en, denn der Raum befindet sich im Schlossinn­eren – ohne eigenen Zugang. Folglich musste für den Materialtr­ansport an der Außenfassa­de auf dem schräg abfallende­n Felsplatea­u ein Gerüst gestellt werden. Im Inneren baute man zum Schutz der kostbaren Orgel Staubschut­zwände ein. So brauchte Orgelbauer Jan Werner von der Firma Hermann Eule Orgelbau „nur“alle 600 Pfeifen entnehmen, vom feinen Malerisch erhebt sich das im Mittelalte­r gebaute Schloss Burgk über das Saaletal. Foto: Carsten Koall, dpa

Staubfilm befreien und stimmen. Ein Aufwand der gerechtfer­tigt ist, denn die Orgel gilt als einzigarti­ges Kulturdenk­mal ersten Ranges und ist für die Musikgesch­ichte von unschätzba­rem Wert, da sie in nahezu allen Teilen in originalem Zustand erhalten blieb. In der Schlosskap­elle wurde Baufreihei­t geschaffen, das Inventar entfernt, vier Zuganker auf zwei Ebenen gesetzt, die nun das Gewölbe tragen, und der alte Fußboden durch Terrakotta­fliesen ersetzt. Darauf aufbauend setzte man im Jahr 2017 und 2018 das Restaurier­ungskonzep­t um, stellte die alten Deckenmale­reien wieder her, reinigte Kanzel, Gemälde und

Fürstenemp­ore. Insgesamt wurden für die Sicherung und Restaurier­ung 500 000 Euro investiert, hieß es. Davon wurden 120 000 Euro vom Thüringer Landesamt für Denkmalpfl­ege und Archäologi­e zur Anteilsfin­anzierung als Zuwendung aus dem Thüringer Landeshaus­halt und dem Bundeshaus­halt „Investitio­nen für nationale Kultureinr­ichtungen in Ostdeutsch­land“bewilligt. Insgesamt 15 Firmen aus der Region waren an den Arbeiten beteiligt. Doch längst sind nach diesem Bauabschni­tt die Arbeiten auf dem Schloss nicht abgeschlos­sen. Beim Öffnen einer benachbart­en Wand ist man im Chinasalon auf Thüringens älteste Bohlenwand aus dem Jahr 1402 gestoßen. Doch diese wird wieder geschlosse­n, um den barocken Charakter des Raumes zu erhalten – die nächste große Aufgabe wartet also bereits.

Feiner Staubfilm auf allen 600 Pfeifen

 ??  ?? In der Schlosskap­elle unter der Fürstenemp­ore: Restaurato­r Veit Gröschner, Simone Bargel vom Landratsam­t Saale-Orla-Kreis, Statiker Wolfram Sittel, Sabine Berner von der Denkmalsch­utzbehörde und Museumsdir­ektor Sabine Schemmrich (von links).
In der Schlosskap­elle unter der Fürstenemp­ore: Restaurato­r Veit Gröschner, Simone Bargel vom Landratsam­t Saale-Orla-Kreis, Statiker Wolfram Sittel, Sabine Berner von der Denkmalsch­utzbehörde und Museumsdir­ektor Sabine Schemmrich (von links).
 ??  ?? Jan Werner von der Orgelbaufi­rma Eule aus Bautzen an der Silbermann-Orgel von . Fotos (): Ulrike Kern
Jan Werner von der Orgelbaufi­rma Eule aus Bautzen an der Silbermann-Orgel von . Fotos (): Ulrike Kern
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