Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Beratertag für Gründer in Jena
Jena.
Im Mittelalter grassierte der „schwarze Tod“in Europa, die durch Bakterien verursachte Pest raffte Millionen Menschen hinweg. Doch nicht nur unter den Menschen, auch unter den von ihnen domestizierten Tieren wüteten schon in grauer Vorzeit schlimme Seuchen, Überlieferungen berichten von Rinderpest, Druse, Rotz, Milzbrand und Schafpocken.
Manche dieser Krankheiten wurden besiegt, doch auch 260 Jahre nach der Gründung erster veterinärmedizinischer Forschungs- und Ausbildungsstätten in Europa sind noch längst nicht alle Krankheitserreger bekannt und von den Menschen beherrschbar. Und immer neue Typen altbekannter oder ganz neue Spezies von Krankheitserregern stellen die Wissenschaftler vor große Herausforderungen.
Christian Menge, Leiter des Institut für molekulare Pathogenese (IMP) in Jena, das zum Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit gehört, nennt die Rinder-Tuberkulose als Beispiel. „Nach dem Zweiten Weltkrieg waren in Deutschland 60 Prozent der Rinderherden infiziert, doch schon in den 1950erund 1960er-Jahren wurde die Seuche erfolgreich bekämpft“, erklärt er. Heute treten bundesweit nur selten Fälle dieser Krankheit auf. „Allerdings gibt es eine Region, nämlich die der Alpen, wo Rinder auf Almen gehalten werden, bei denen Rinder-Tuberkulose wieder registriert wird.“Auch Rotwild sei Träger des Erregers, so dass es hin und wieder zu Ansteckungen komme.
Sorgen macht den Wissenschaftlern auch, dass die Seuche in den letzten Jahren vermehrt in Spanien, England und Irland aufgetreten ist. „Das Problem ist, dass die Krankheit erst spät erkannt wird, erst wenn schon Organe zerstört sind, so dass die Gefahr der unerkannten Weiterverbreitung des Erregers groß ist“, ergänzt Menge.
Und noch etwas gibt der Wissenschaftler zu bedenken: Die durch die Tuberkulosebakterien Mykobakterium bovis und Mykobakterium caprae verursachte Erkrankung kann vom Tier auf den Menschen übertragen werden. „In den 1950er- und 1960er-Jahren etwa waren rund 30 Prozent der Tbc-Fälle beim Menschen durch die RinderTbc-Erreger verursacht worden.“
In Jena wird seit mehr als 50 Jahren zur Tuberkulose geforscht, seit 1954 das Institut für bakterielle Tierseuchenforschung der Deutschen Akademie
Ebene. Dabei arbeitet das IMP nicht nur mit dem zweiten FLI-Institut in Jena, dem Institut für bakterielle Infektionen und Zoonosen, eng zusammen, sondern ebenso mit anderen Forschungseinrichtungen.
Das Beispiel der VogelgrippeVerbreitung oder die neuerdings vermehrt beobachteten Arcobacterund CampylobacterDurchfallerkrankungen von Tier und Mensch zeigten, dass es heute ohne Zusammenwirken von Human- und Veterinärmedizin, aber auch Umweltmedizin und Lebensmittelspezialisten nicht mehr geht, erklärte Institutsleiter
„One Health“sei nicht nur ein Schlagwort. Nur gemeinsam könnten schnelle Diagnoseverfahren und solche zur Prophylaxe und Bekämpfung von Infektionen bei Nutztieren, aber auch Menschen gefunden werden.
„So sind wir dabei, verbesserte Impfstoffe gegen Tuberkulose Christian Menge, Leiter des Institutes für molekulare Pathogenese (IMP) in Jena Neubauer.
zu entwickeln, auch für den Humanerreger der Krankheit“, erzählt Menge. Dafür müssen die beteiligten Jenaer Wissenschaftler derzeit weite Wege zurücklegen, denn die dafür nötige Laborausrüstung gibt es nicht in Jena, sondern nur am Standort des FLI auf der Insel Riems an der Ostsee.
Doch das soll sich ändern. Ab 2022 sollen auch am Standort in Jena die baulichen und labortechnischen sowie sicherheitstechnischen Voraussetzungen für solche Spitzenforschung gegeben sein. „Wir sind ausgesprochen glücklich, dass der Bund mit einer 100-Millionen-EuroInvestition die herausragende wissenschaftliche Expertise der Jenaer Forscher anerkennt und weiter unterstützt“, erklärt FLIPräsident Thomas Mettenleiter beim Besuch des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Michael Stübgen, in Jena. Stübgen hatte sich in Begleitung von Bundestagsabgeordnetem Johannes Selle und Stadtrat Benjamin Koppe (beide CDU) über die Arbeit am Jenaer Institut informiert.
Der Startschuss für die Großinvestition soll schon in diesem Jahr fallen – mit der Einrichtung eines neuen Offenstalls, unter anderem für Pferde. Danach sollen alte Gebäude abgerissen werden. An deren Stelle und auf freien Flächen hinter dem Büround Laborgebäude an der Naumburger Straße soll dann ein etwa 170 Meter langer Neubau errichtet werden.
„Fünf neue Laboreinheiten, auch solche der Sicherheitsklasse 3, werden hier untergebracht, ebenso ausreichend Möglichkeiten zur Tierunterbringung“, berichtet Menge. Auch das Nebeneinander von Büros und Labors in den bisherigen Gebäuden, das viele Einschränkungen mit sich bringt, soll dann der Vergangenheit angehören.
Jena.
Einen Beratertag für Gründer und Unternehmer gibt es am Montag, 16. Juli, im Bildungszentrum der Industrie- und Handelskammer, Zeitzer Straße 2 in Jena. Von 9 bis 11 Uhr erhalten Gründer per Vortrag Informationen zu Schritten in die Selbstständigkeit, rechtlichen Rahmenbedingungen und finanziellen Unterstützungen. Danach sind Einzelgespräche mit dem Berater der IHK und der ThExMikrofinanzagentur möglich. Diese ist zentrale Ansprechpartnerin für Kleinkredite in Thüringen. (red)
„Bei den Rindern auf Almen in den Alpen wird wieder Rinder-Tuberkulose registriert.“
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Das Angebot ist kostenfrei. Termine: Tel. () -, E-Mail: lenz@gera.ihk.de www.gera.ihk.de/event/