Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Jüdischer Professor erhebt schwere Vorwürfe gegen Bonner Polizei
Polizisten verwechseln Täter und Opfer von antisemitischer Attacke. 50-Jähriger zu Boden geworfen und geschlagen
Berlin/Bonn.
Nach einem antisemitischen Übergriff auf einen jüdischen Professor in Bonn erhebt das Opfer schwere Vorwürfe gegen die Bonner Polizei. Die alarmierten Beamten hätten ihn grundlos mehrfach geschlagen, sagte Yitzhak Melamed dieser Zeitung.
Melamed war am Mittwoch im Bonner Hofgarten von einem jungen Deutschen mit palästinensischen Wurzeln attackiert worden. Der Angreifer hatte dem 50-Jährigen laut Polizeibericht mehrfach die Kippa vom Kopf geschlagen und gerufen: „Kein Jude in Deutschland“. Bei der anschließenden Verfolgungsjagd hielten die alarmierten Polizisten den aufgebrachten Professor offenbar für den Angreifer und überwältigten ihn. „Die Polizisten kamen auf mich zu, und plötzlich, in nur einer Sekunde, waren zwei vor mir, zwei hinter mir, zusammen warfen sie mich zu Boden. Einer nach dem anderen sprang auf mich, ich war geschockt, und ich rief: Ich bin die falsche Person“, sagte Yitzhak Melamed unserer Zeitung.
Die Polizei gab an, den Professor aus Baltimore, USA, mit seinem Angreifer verwechselt zu haben. Deswegen sei er zunächst festgehalten worden.
Die Beamten schlugen den 50Jährigen auch ins Gesicht. Nach Darstellung der Polizei, weil er Widerstand geleistet habe. Melamed bestreitet das: „Ich war nicht zu 100, sondern zu 500 Prozent passiv, ich habe nichts gemacht“, sagte er. „Sie fingen an, mich ins Gesicht zu schlagen. Ungefähr 50, 60, 70 Mal – völlig verrückt!“
Der Philosophie-Professor sieht in dem Vorfall ein Zeichen für größere Probleme in der deutschen Gesellschaft: „Ganz sicher habt ihr ein Problem mit dem Antisemitismus, aber ihr habt auch ein Problem mit brutaler Polizeigewalt.“Das sei ein „abscheuliches Polizeiverhalten“.
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) zeigte sich bestürzt über den Vorfall. Er bat den attackierten jüdischen Professor in einem Telefonat persönlich um Entschuldigung. (diz/heg)