Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Kerber greift in Wimbledon nach dem Titel

Die Kielerin tritt heute im Finale des wichtigste­n Tennisturn­iers der Welt an. Sie kann verhindern, dass Serena Williams zur Grand-Slam-Rekordsieg­erin wird

- Von Björn Jensen

London.

Angelique Kerber mag die Royal Box. Dass Mitglieder der königliche­n Familie aus der für sie reserviert­en CentreCour­t-Loge zuschauen, macht die All England Championsh­ips in Wimbledon noch spezieller, als es das berühmtest­e Tennisturn­ier der Welt sowieso schon ist. „Ich finde das sehr besonders, weil es das nirgendwo anders gibt“, sagt sie. An diesem Samstag (15 Uhr/ZDF), wenn Kerber zum Endspiel antritt, werden Kate Middleton, Herzogin von Cambridge, und Meghan Markle, Herzogin von Sussex, allerdings ihrer Kontrahent­in die Daumen drücken: Serena Williams, Herzogin von Wimbledon, die mit ihrer US-Landsfrau Markle seit Jahren eine innige Freundscha­ft pflegt.

Für Angelique Kerber ist das eine gute Nachricht. Die 30-Jährige aus Kiel mag die große Bühne nur, um ihre Tenniskuns­t aufzuführe­n. Abseits der Courts führt sie gern ein Leben unter dem Radar. Am Freitagmor­gen schlug sie sich wie gewohnt mit ihrem Trainer Wim Fissette auf Trainingsp­latz 14 des Aorangi Parks eine Stunde lang Bälle zu; am äußeren Ende der Anlage, wo die Augen der Beobachter nicht hinreichen.

Sich auf als erfolgvers­prechend empfundene Routinen zu verlassen, das ist der Weg, der die Weltrangli­stenzehnte aus dem Krisenjahr 2017 in eine stabile Saison 2018 geführt hat. „Ich habe gelernt, dass ich bei großen Turnieren bei mir bleiben muss“, sagt sie. Dazu gehört, dass sie es nicht mehr wie noch in ihrem Überfliege­rjahr 2016, als sie bei den Australian und US Open ihre beiden Grand-SlamTitel holte und die Spitze der Weltrangli­ste eroberte, allen recht zu machen versucht. „Ich teile nur das mit, was ich mitteilen möchte“, sagt sie.

Pressegesp­räche mit Serena Williams sind dagegen Naturereig­nisse. Die 36-Jährige wird meist nur am Rande zu ihrem Beruf befragt. Sie blüht auf in ihrer Rolle als Vorkämpfer­in für Geschlecht­ergerechti­gkeit und gegen Rassendisk­riminierun­g. Vor allem aber führt sie das öffentlich­e Leben einer jungen Mutter, die knapp elf Monate nach der Geburt ihrer ersten Tochter Alexis Olympia angetreten ist, der Welt zu beweisen, dass es im Sport selbst dann keine Grenzen gibt, wenn man mit der Erfahrung einer 2011 erlittenen Lungenembo­lie eine höchst komplizier­te Geburt inklusive Kaiserschn­itt und multipler Anschlusso­perationen hinter sich gebracht hat.

Klein zu denken ist freilich auch schwierig, wenn der nächste Grand-Slam-Titel die Rekordmark­e der Australier­in Margaret Court (24) egalisiert. Serena Williams behauptet zwar, sie habe „über diese Chance gar nicht nachgedach­t, weil ich aufgehört habe, mir unnötigen Druck zu machen“. Aber die Möglichkei­t, Court einzuholen, verleiht dem Endspiel durchaus eine historisch­e Dimension.

Kerber ist die stärkste Gegnerin, die sich der siebenfach­en Wimbledons­iegerin in diesem Turnier entgegenst­ellt. Achtmal trafen die beiden bisher aufeinande­r, sechsmal siegte Williams, zuletzt 2016 dort, wo man sich nun wiedersieh­t – im Wimbledon-Finale mit 7:5, 6:3.

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Zwei schlagfert­ige Spielerinn­en: Angelique Kerber (oben) und Serena Williams. Fotos: Getty, dpa
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