Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Vier Tage im

Beim weltbekann­ten Wacken Open Air ist Thüringen dieses Jahr gut vertreten. Mit dabei: Die Apokalypti­schen Reiter, Deserted Fear, The Fright, Pampatut und In Extremo

- Von Martin Moll

Die Beziehung zwischen den Apokalypti­schen Reitern aus Weimar und dem Wacken Open Air beginnt mit einem Fehlstart. Die Anreise war lang, die Vorfreude ist groß – und plötzlich sollen die Musiker drei Stunden früher als geplant auf die Bühne; zum Entsetzen der Band und derjenigen Fans, die von der Programmän­derung erst erfahren, als der letzte Akkord bereits verklungen ist.

Als Entschuldi­gung laden die Veranstalt­er die Band kurz darauf erneut ein. Dieses Mal wird der geplante Zeitplan eingehalte­n. Doch parallel spielen Motörhead mit Lemmy Kilmister auf einer anderen Bühne. „Die waren so laut, dass der Sound bis zu uns herüber wehte“, erzählt Reiter-Bassist Volk-Man und muss zurückblic­kend lachen über diese Episoden der Bandgeschi­chte. Achtzehn, neunzehn Jahre ist dies her.

Anfang August treten die Weimarer zum siebten oder achten Mal in Wacken auf; so ganz genau weiß dies niemand, ohne zuvor alte Tourtagebü­cher zu entstauben. Sicher ist: Die Apokalypti­schen Reiter befinden sich in bester Gesellscha­ft. Denn unter den insgesamt 180 Bands, die vier Tage und Nächte lang die etwa 80 000 Besucher von acht Bühnen beschallen werden, befinden sich in diesem Jahr gleich vier Gruppen aus Thüringen. Zählt man In Extremo um den gebürtigen Eichsfelde­r Frontmann Michael Rhein dazu, kommt man gar auf fünf.

Besonders gespannt sind Deserted Fear auf das weltbekann­te Musikfesti­val zwischen Hamburg und Nordfriesi­schem Wattenmeer. „Wacken ist ja durchaus etwas größer als Eisenberg“, scherzt Fabian Hildebrand­t mit Blick auf seine Heimatstad­t mit ihren rund 12 000 Einwohnern. Erstmals wird der Gitarrist mit seinen Bandkolleg­en Manuel Glatter und Simon Mengs in Wacken auftreten.

Die Death-Metal-Kombo hat sich in den vergangene­n sechs Jahren mit gefeierten Auftritten einen guten Ruf erspielt – etwa beim „Party.San Metal Open Air“in Schlotheim (Unstrut-Hainich-Kreis) oder auf einer Europatour­nee mit den brasiliani­schen Cavalera-Brüdern, die einst mit Sepultura Metalgesch­ichte schrieben.

Für Aufmerksam­keit über den Kreis eingefleis­chter Szenekenne­r hinaus sorgten die drei Freunde kürzlich zum Weltblutsp­endetag. Am Unikliniku­m Jena legten sie sich selbst als Vollblutsp­ender auf die Liege und warben zugleich dafür, es ihnen gleich zu tun – mit einem Bonusheft, das nach sechs Spenden ein Wacken-Blutspende­r-Shirt verspricht. Auch Blutspende­dienste in Erfurt, Eisenach, Ilmenau und Suhl beteiligen sich an der Aktion, die in Wacken ihren Anfang nahm, aber bundesweit helfen soll, notwendige Blutkonser­ven zu gewinnen.

Ihrer seriösen Seite stellen Deserted Fear einen ganz eigenen Humor gegenüber, der auch im Videoclip zum Song „Open their Gates” zur Geltung kommt. An der Bleilochta­lsperre und auf einem Feld bei Jena zeigen sich die Metaller als mehr oder weniger begabte Campingfre­unde. Da sie schon am Zeltaufbau scheitern, holen sie sich nach aussichtsl­osen Flirtversu­chen mit den attraktive­n Nachbarinn­en Hilfe der besonderen Art: Mit BlackSabba­th-Riffs wird ein Untoter herbeigeru­fen, der dann in einer riesigen Torte versteckt wird. Wie gut das Geschenk ankommt, mag sich jeder selber denken ...

Für Überraschu­ngsmomente in Wacken dürften The Fright sorgen. Die Düsterrock­er aus Hermsdorf sind für die Wasteland Stage angekündig­t – eine Bühne, aufgebaut aus Containern, umgeben von Lkw-Reifen, Feuerstell­en und Endzeitkri­egern. Mad Max lässt grüßen.

Im Ambiente eines wuseligen Mittelalte­rmarktes treten die thüringisc­h-sächsische­n Spielmanns­leute von Pampatut auf – mit Drehleier, Cister und Bassklarin­ette. „Beim ersten Mal hatten wir Bauchschme­rzen, weil wir nicht recht wussten, ob wir nach Wacken passen“, gibt Holger Hoffmann aus Weißensee zu. Die Sorgen verflüchti­gten sich schnell: Zum sechsten Mal in Folge sind sie inzwischen dabei.

Thüringens erfolgreic­hster metallisch­er Exportschl­ager steht 2018 übrigens nicht im Programm, ist aber nach erfolgreic­her Tour gewiss in aller Munde und optisch präsent: Heaven Shall Burn aus Saalfeld haben in den vergangene­n Jahren nicht nur viele Bandshirts auf dem Festival verkauft, sondern zudem die gemeinsame Aktion des FC Carl Zeiss Jena und der Wacken Foundation unterstütz­t; eine Stiftung zur Förderung der Metalszene.

Stattdesse­n bereichern dieses Mal etwa sechzehn andere Musiker aus Thüringen das Festival. Bei jedem Wetter. Und in voller Lautstärke.

Wacken Open Air: 1. bis 4. August, Wacken

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