Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Kleines Auto,
Vor 20 Jahren rollte der erste Smart vom Band – anfangs leider nicht mit Elektroantrieb, wie vom Erfinder Nicolas Hayek vorgesehen. Inzwischen ist die E-Version „Smart EQ“aber ein Verkaufsschlager
Stolze 2,50 Meter lang, 1,50 Meter breit wie hoch, Allradlenkung, Schiebetüren und eine Verglasung, die der des Papamobil-ähnelt: So sah 1981 Mercedes’ Vision des City-Flitzers aus. Die Studie Nafa (Nahverkehrsfahrzeug) wurde nie Realität, bildete jedoch die Grundlage für Daimlers Kleinwagen-Engagement und gilt zu Recht als geistiger Vorläufer von A-Klasse und Smart. Bis es Letzterer tatsächlich auf die Straße schaffte, sollten noch einige Jahre vergehen: 1998 betrat der erste Smart die automobile Bühne und kam mit seinem als Elefanten-Rollschuh verschrienen Konzept doch noch zu früh. Dieser Tage feiert die DaimlerTochter nun ihr 20-jähriges Jubiläum.
Ins Rollen hat die Idee „Smart“nicht Mercedes gebracht, sondern Nicolas G. Hayek, der Gründer des Schweizer Uhrenherstellers Swatch. Seine Vision: ein Kleinwagen, bei dem – ähnlich den Armbändern von Hayeks Uhren – die Karosserie ausgewechselt werden kann und der sich für weite Reisen in die Eisenbahn verladen lässt.
Ursprünglich wollte Hayek sein Fahrzeugkonzept mit Volkswagen umsetzen, allerdings sprangen die Wolfsburger ab, und der Uhrmacher sprach bei Mercedes vor. Beim damaligen Vorstandsmitglied Jürgen Hubbert stieß er auf offene Ohren, und gemeinsam gründeten Mercedes und Hayek 1994 die Micro Compact Car Smart GmbH.
Abgesehen von den beiden Studien Eco Sprinter und der Cabrio-Version Eco Speedster hatte das junge Unternehmen allerdings zunächst nicht viel vorzuweisen – und noch während der Entwicklung des City-Coupés, dem Vorläufer des heutigen Fortwo, stieg Nicolas G. Hayek aus dem Projekt „Smart“wieder aus und verkaufte anno 1998 seine Anteile an Daimler. Er wollte sich nicht mehr an den rasch steigenden Entwicklungskosten beteiligen, vor allem aber sah er seine Vision in Gefahr: Mercedes setzte auf Benzinantrieb, in Hayeks Vorstellung gab es bereits damals Elektromotoren, und zwar an allen vier Rädern.
20 Jahre später wissen wir, dass Hayeks Ansatz richtig war. Ende 2017 verkündete Daimler-Chef Dieter Zetsche, dass Smart ab 2020 nur noch Elektroautos verkaufen soll. Bis sich die Stuttgarter an einen Stromer wagten, dauerte es aber. Seit 2006 experimentierten die Ingenieure mit dem Smart ED, richtig in Serie ging der E-Smart erst 2012.
Dieser Tage steht das Stammwerk im französischen Hambach vor einem anderen Problem: Die Nachfrage nach den inzwischen Smart EQ getauften Stromern ist so stark gestiegen, dass die Kunden bis zu ein Jahr auf ihr Auto warten müssen. Doch die Smart-Fans sind eine eingeschworene Gemeinde, die auch andere Strapazen gern in Kauf nimmt, um ihrer Leidenschaft zu frönen. Zum Beispiel viele Tausend Kilometer im Smart, um von Peking aus zu den Jubiläumsfestlichkeiten in Lothringen anzureisen; dabei ist der Mini-Benz doch alles andere als langstreckentauglich. Passend zum Anlass haben die rund 6000 Smart-Liebhaber eine bunte Mischung an Fahrzeugen mitgebracht, von denen viele inzwischen schon wieder aus dem Straßenbild verschwunden sind. Neben den Klassikern, dem nur 2,50 Meter langen City-Coupé der ersten Generation bis hin zur quadratisch-knuffigen Generation drei, zeigen sich in Hambach auch die viersitzigen ForfourModelle, die Smart anfangs zusammen mit Mitsubishi und inzwischen mit Renault baut.
Auch die zarten Versuche eines Sportwagens sind zu bestaunen: Smart Coupé und Roadster waren alles andere als Erfolge, mit ihrer Lotus-Elise-Optik sind sie aber ein Hingucker. Das gilt auch für die zahlreichen, von Brabus veredelten Modelle und natürlich den Smart Forjeremy mit straßenzugelassenen Engelsflügeln am Heck. Und auch die vielleicht coolste Smart-Version hat den Weg an die deutsch-französische Grenze gefunden: der Crossblade, ein nur 2000-mal gebauter Open-Air-Smart ohne Dach, Windschutzscheibe und Türen, an dessen Steuer sich einst sogar Robbie Williams setzte.