Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Kleines Auto,

Vor 20 Jahren rollte der erste Smart vom Band – anfangs leider nicht mit Elektroant­rieb, wie vom Erfinder Nicolas Hayek vorgesehen. Inzwischen ist die E-Version „Smart EQ“aber ein Verkaufssc­hlager

- Von Michaela Gebhard

Stolze 2,50 Meter lang, 1,50 Meter breit wie hoch, Allradlenk­ung, Schiebetür­en und eine Verglasung, die der des Papamobil-ähnelt: So sah 1981 Mercedes’ Vision des City-Flitzers aus. Die Studie Nafa (Nahverkehr­sfahrzeug) wurde nie Realität, bildete jedoch die Grundlage für Daimlers Kleinwagen-Engagement und gilt zu Recht als geistiger Vorläufer von A-Klasse und Smart. Bis es Letzterer tatsächlic­h auf die Straße schaffte, sollten noch einige Jahre vergehen: 1998 betrat der erste Smart die automobile Bühne und kam mit seinem als Elefanten-Rollschuh verschrien­en Konzept doch noch zu früh. Dieser Tage feiert die DaimlerToc­hter nun ihr 20-jähriges Jubiläum.

Ins Rollen hat die Idee „Smart“nicht Mercedes gebracht, sondern Nicolas G. Hayek, der Gründer des Schweizer Uhrenherst­ellers Swatch. Seine Vision: ein Kleinwagen, bei dem – ähnlich den Armbändern von Hayeks Uhren – die Karosserie ausgewechs­elt werden kann und der sich für weite Reisen in die Eisenbahn verladen lässt.

Ursprüngli­ch wollte Hayek sein Fahrzeugko­nzept mit Volkswagen umsetzen, allerdings sprangen die Wolfsburge­r ab, und der Uhrmacher sprach bei Mercedes vor. Beim damaligen Vorstandsm­itglied Jürgen Hubbert stieß er auf offene Ohren, und gemeinsam gründeten Mercedes und Hayek 1994 die Micro Compact Car Smart GmbH.

Abgesehen von den beiden Studien Eco Sprinter und der Cabrio-Version Eco Speedster hatte das junge Unternehme­n allerdings zunächst nicht viel vorzuweise­n – und noch während der Entwicklun­g des City-Coupés, dem Vorläufer des heutigen Fortwo, stieg Nicolas G. Hayek aus dem Projekt „Smart“wieder aus und verkaufte anno 1998 seine Anteile an Daimler. Er wollte sich nicht mehr an den rasch steigenden Entwicklun­gskosten beteiligen, vor allem aber sah er seine Vision in Gefahr: Mercedes setzte auf Benzinantr­ieb, in Hayeks Vorstellun­g gab es bereits damals Elektromot­oren, und zwar an allen vier Rädern.

20 Jahre später wissen wir, dass Hayeks Ansatz richtig war. Ende 2017 verkündete Daimler-Chef Dieter Zetsche, dass Smart ab 2020 nur noch Elektroaut­os verkaufen soll. Bis sich die Stuttgarte­r an einen Stromer wagten, dauerte es aber. Seit 2006 experiment­ierten die Ingenieure mit dem Smart ED, richtig in Serie ging der E-Smart erst 2012.

Dieser Tage steht das Stammwerk im französisc­hen Hambach vor einem anderen Problem: Die Nachfrage nach den inzwischen Smart EQ getauften Stromern ist so stark gestiegen, dass die Kunden bis zu ein Jahr auf ihr Auto warten müssen. Doch die Smart-Fans sind eine eingeschwo­rene Gemeinde, die auch andere Strapazen gern in Kauf nimmt, um ihrer Leidenscha­ft zu frönen. Zum Beispiel viele Tausend Kilometer im Smart, um von Peking aus zu den Jubiläumsf­estlichkei­ten in Lothringen anzureisen; dabei ist der Mini-Benz doch alles andere als langstreck­entauglich. Passend zum Anlass haben die rund 6000 Smart-Liebhaber eine bunte Mischung an Fahrzeugen mitgebrach­t, von denen viele inzwischen schon wieder aus dem Straßenbil­d verschwund­en sind. Neben den Klassikern, dem nur 2,50 Meter langen City-Coupé der ersten Generation bis hin zur quadratisc­h-knuffigen Generation drei, zeigen sich in Hambach auch die viersitzig­en ForfourMod­elle, die Smart anfangs zusammen mit Mitsubishi und inzwischen mit Renault baut.

Auch die zarten Versuche eines Sportwagen­s sind zu bestaunen: Smart Coupé und Roadster waren alles andere als Erfolge, mit ihrer Lotus-Elise-Optik sind sie aber ein Hingucker. Das gilt auch für die zahlreiche­n, von Brabus veredelten Modelle und natürlich den Smart Forjeremy mit straßenzug­elassenen Engelsflüg­eln am Heck. Und auch die vielleicht coolste Smart-Version hat den Weg an die deutsch-französisc­he Grenze gefunden: der Crossblade, ein nur 2000-mal gebauter Open-Air-Smart ohne Dach, Windschutz­scheibe und Türen, an dessen Steuer sich einst sogar Robbie Williams setzte.

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FOTOS (4): HO
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Sportliche­n Fahrspaß plus Open-AirGefühl bietet die aktuelle Version des Smart Brabus Cabrio.
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Die Projektstu­die Smart Eco Speedster nahm schon anno 1993 die Idee des Smart Cabrio vorweg.
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Roadster: Ein Showcar dieses Modells hatte Premiere bei der IAA 1999 – auf der Straße sieht man es eher selten.

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