Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Botschafter Fußball
Das verrückte Finale war der Schlusspunkt unter eine Weltmeisterschaft, die Trainer Zlatko Dalic zuvor als die „seltsamste“in der Geschichte bezeichnet hatte. Vermutlich, weil es so viele Überraschungen gab und Teamwork selten so wertvoll war wie diesmal. Auch wenn es im Endspiel für seine tapferen Kroaten nicht gereicht hat, scheinen die Zeiten der Ein-Mann-Shows vorüber. Zumindest auf dem Rasen.
Was das Gesamtspektakel betrifft, darf sich Präsident Putin als großer Gewinner fühlen. Er hat der ganzen Welt dank der Rekord-Investitionen von mehr als 14 Milliarden Euro viereinhalb Wochen lang ein makelloses Bild von Russland serviert – und damit das Image seines Landes gehörig aufpoliert.
Die Vorbehalte waren riesig. Ob Sicherheitsbedenken, die Dopingdebatte, Hooliganismus oder fehlende Fußball-Begeisterung – dem WM-Turnier war ein Skandal nach dem anderen prophezeit worden. Zu Unrecht, wie der Verlauf zeigte. Mit eiserner Hand hatte der Staat seine Schläger im Griff, beeindruckte wie schon bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi 2014 mit perfekter Organisation; die Russen sorgten auch dank der Leistungen ihrer Sbornaja für tolle Stimmung und versprühten herzliche Gastfreundschaft. Und einen offiziellen Dopingfall lieferte die WM auch nicht.
Sotschi hat uns gelehrt: Das muss nichts bedeuten. Das Misstrauen, das russischen Sportlern seit der Enthüllung des Staatsdopings entgegenschlägt, ist ebenso berechtigt wie die Kritik an der Doppelrolle der Fifa. Wenn der Veranstalter gleichzeitig als Kontrolleur agiert, gerät er in einen Interessenskonflikt. Wer will sich schon das eigene Freudenfest vermasseln?
Es wird einige Zeit dauern, ehe man tatsächlich bewerten kann, was Wirklichkeit und was Fassade war; wie sauber es zuging und wie nachhaltig die WM ist. Eines hat der Fußball aber auf jeden Fall geschafft: Er hat uns Russland näher gebracht.