Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Ein eigenes Urteil bilden
Der Rücktritt von Mesut Özil als Nationalspieler wird kontrovers diskutiert
Warum bläst die gesamte Presse unisono immer wieder in das gleiche irrelevante Horn ? Özils eigentlicher Fehler besteht doch nicht darin, dass er sich mit „seinem Präsidenten“ablichten ließ, sondern dass er sich mit einem autokratischen Herrscher fotografieren ließ. Ich glaube, einer Darja Domratschewa käme so etwas nicht in den Sinn.
Jürgen Schulz, Obertrebra
Zu „Özil tritt aus der Nationelf zurück wegen Rassismus im DFB“vom Montag:
Da entscheidet ein Fußballer, aus welchen Gründen auch immer, nicht mehr in der Nationalmannschaft zu spielen. Ein Aufschrei geht durch die Medien. Sein Konterfrei ziert die Titelseiten. Im Fernsehen fehlten nur noch die Sondersendungen. Regierungsmitglieder äußerten sich. Deutschland hat wohl überhaupt keine anderen Sorgen als simple Aussagen einer privaten Entscheidung eines Fußballmillionärs in die Welt hinaus zu posaunen.
Jörg Stollberg, Erfurt
Zu „Der Fall Özil und seine Folgen“vom 9. Juli:
Ich vergleiche die Fotos von Özil mit Erdogan und von Matthäus bei Putin und vermisse bei letzterem den medialen Aufschrei. Sprichwörtlich hinken bekanntlich Vergleiche stets, dieser geht aber überhaupt nicht. Özil wird kritisiert, weil er als Person der Öffentlichkeit aus freien Stücken Erdogan huldigt, was subjektiv möglich, zugleich objektiv unmöglich ist. Es war Özils persönliche Sache.
Matthäus erschien als Mitglied der Fifa-Delegation beim Präsidenten des WM-Ausrichters Russland. Es ist ein Ritual der Höflichkeit gegenüber dem Gastgeber, dessen Rolle bei der WM von vielen Teilnehmern positiv aufgenommen wurde.
Diese diplomatische Seite kommt eindeutig in der wertungsfreien Ansprache „Herr Präsident“zum Ausdruck. Es hieß nicht „mein Präsident“. So betrachtet ist am Auftritt von Matthäus nichts auszusetzen. Wieso soll das eines der unrühmlichsten Kapitel der deutschen Fußballgeschichte sein?
Völlig unverständlich, um nicht zu sagen arrogant, sind die Titulierungen des russischen Präsidenten als „Despot“und die „Brandstifter um Matthäus“. Das sind persönliche Wertungen des Redakteurs, auf die der Leser gern verzichtet. Als mündiger Bürger kann er sich ein eigenes Urteil bilden.
Meinert Barthel, Weißenborn