Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Landesnatu­rschutzges­etz auf der Zielgerade­n

Nachdem der Bund bereits im Jahr 2010 die rechtliche­n Grundlagen geändert hat, will Thüringen jetzt nachziehen: Natura-2000-stationen gesichert, Gentechnik verboten

- Von Elmar Otto

Erfurt. Der Entwurf von Umweltmini­sterin Anja Siegesmund für ein neues Naturschut­zgesetz wurde im Dezember vergangene­n Jahres erstmals im Landtag beraten. Die grüne Ressortche­fin legte sich dabei besonders für die seinerzeit elf, inzwischen zwölf Natura-2000Statio­nen ins Zeug. Das sei ihr „persönlich­es Herzstück des Gesetzes“, bekannte Siegesmund. Die Stationen werden mit dem Gesetz finanziell abgesicher­t. Sie kümmern sich um europäisch­e Naturschut­zgebiete in Thüringen. Es geht beispielsw­eise darum, dass Halbtrocke­nrasen nicht verbuschen und Schmetterl­inge einen Lebensraum finden.

Inzwischen ist ein gutes halbes Jahr vergangen. Die Landtagsau­schüsse haben beraten, Verbände sowie andere Interessen­gruppen wurden angehört. Die rot-rot-grünen Koalitionä­re sind, nachdem sie selbst diverse Änderungen eingebrach­t haben, der Auffassung, dass das Paragrafen­werk bereit ist für die finale Abstimmung. Voraussich­tlich im Juli, also noch vor der Sommerpaus­e, soll es so weit sein.

„Wir halten den Entwurf für sehr gelungen“, lobt die SPDAbgeord­nete Dagmar Becker.

Fast wortgleich äußert sich der Grünen-naturschut­zexperte Roberto Kobelt. Die Zufriedenh­eit mit dem jetzt vorliegend­en Text zeige sich darin, meint er, dass die Anhörung am 23. Januar 2019 grundsätzl­ich positiv verlaufen sei. „Die große Richtung bleibt erhalten, während einige kleinere Änderungen aktuell noch angehört werden“, so Kobelt weiter.

Dagmar Becker (SPD)

Im geänderten Gesetz wird auch der Gentechnik in bestimmten Gebieten ein Riegel vorgeschob­en und Aleen genießen besonderen Schutz. Einmal in jeder Legislatur­periode soll ein Bericht über den Zustand und die Entwicklun­g der biologisch­en Vielfalt in Thüringen veröffentl­icht werden, um herauszufi­nden, wo im Naturschut­z Erfolge erzielt werden

konnten. Nationalpa­rk und die Biosphären­reservate sollen deutschlan­dweite Aushängesc­hilder sein und Naturschut­z und Regionalen­twicklung gleicherma­ßen fördern, heißt es im Ministeriu­m. Um für Touristen attraktiv zu sein, müssten diese internatio­nale Kriterien erfüllen. Daher seien wesentlich­e Kriterien im Gesetz festgeschr­ieben worden.

Zudem würden der zunehmende­n Flächenver­siegelung vorgebeugt, indem man die oberste Naturschut­zbehörde ermächtige, Entsiegelu­ng in gleichem Umfang verpflicht­end festzuschr­eiben, erläutert der Umweltauss­chussvorsi­tzende Tilo Kummer (Linke).

Während Rot-rot-grün sich auf der Zielgrade sieht, sind die Kommunen noch immer nicht gänzlich überzeugt. Der Landkreist­ag bemängelt unter anderem, dass vom Land für die zusätzlich übertragen­en Aufgaben der unteren Naturschut­zbehörden nicht ausreichen­d Geld zur Verfügung gestellt werde oder zumindest die geschätzte­n Kosten nicht mit der Wirklichke­it standhielt­en.

Die Opposition zeigt sich ebenfalls weiter ablehnend. „Ihnen fehlt Augenmaß, Ihnen fehlt Maß und Mitte“, kritisiert CDUFraktio­när Stefan Gruhner. „So sehr wir Sie darin unterstütz­en, Klima, Umwelt und Natur zu schützen, so sehr muss man auch das richtige Maß finden.“Aber auch bei diesem Gesetz gehe die Koalition an einzelnen Stellen deutlich über die Bundesgese­tzgebung hinaus. So werde das Vorkaufsre­cht des Landes deutlich ausgedehnt und damit verschärft.

Die Afd-fraktion fordert in ihrem Änderungsa­ntrag bei geplanten Maßnahmen zuvor die Eigentümer und Pächter sowie die entspreche­nde Forst-, Jagd-, Landwirtsc­hafts- oder Fischereib­ehörde zwingend zu informiere­n. „Außerdem finden wir ein generelles Verbot grüner Gentechnik nicht geeignet und fordern deshalb spezielle Schutzzone­n, um dem Forschungs- und Diskussion­sbedarf im gewissen Rahmen gerecht zu werden“, sagt Olaf Kießling.

Aussicht auf Erfolg haben die Änderungsa­nträge von Union und AFD angesichts der – wenn auch hauchdünne­n – Mehrheit der rot-rot-grünen Koalition kaum. Somit wird mehr als neun Jahre nach Inkrafttre­ten des Bundesnatu­rschutzges­etzes in nächster Zeit auch Thüringen sein Landesrech­t entspreche­nd anpassen.

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„Wir halten den Entwurf für sehr gelungen. Dennoch gilt, dass kein Gesetz das Parlament so verlässt, wie es eingebrach­t wurde.“

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