Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Den Ton im Männerchor gibt eine Frau an
Am Samstag wird in Schwansee zum großen Sängertreffen eingeladen – und zum 95. Jubiläum mit Sängerball
Schwansee. Nur als die Männer in den Krieg geschickt wurden, klafft eine Lücke. Ansonsten ist die Chronik lückenlos geführt. Vom ersten Tag an, seit der Gründung am 1. März 1924. Damals haben sich in Schwansee die sangesfreudigen Männer aus dem Ort zusammengeschlossen, um einen Chor zu gründen – mit dem heute noch groß geschriebenen Ziel, das traditionelle deutsche Liedgut zu bewahren. Zwei der im ersten Programm des Chores vertretenen Lieder gehören heute immer noch zum Repertoire. Wenn die Männer „Wie’s daheim war“anstimmen, führt die musikalische Zeitreise 95 Jahre zurück.
Zu hören werden sie wieder sein, wenn am Samstag das 95. Jubiläum des Chores gefeiert wird. Die 17 aktiven Chormitglieder haben sich am 22. Juni dazu befreundete Chöre aus der Nachbarschaft eingeladen – den Männerchor Großrudestedt, den Großrudestedter Frauenchor „Bella Musica“, den Männerchor Schloßvippach und den Männerchor Haßleben. Dazu wird der gemischte Chor von Orlishausen zu erleben sein und eine „Zufallsbekanntschaft“aus Österreich. Während einer Donauschifffahrt sei ein Schwanseer Sänger zufällig mit dem Chorleiter des Volksliedchores Schlüßlberg ins Gespräch gekommen – jetzt kommt ein ganzer Bus mit 38 Gästen, die nicht nur singen, sondern auch Thüringen erkunden werden. Man habe für sie eigens eine Stadtführung in Erfurt gebucht, erklärt Peter Steinmetz, der Vorsitzende des Schwanseer Männerchors.
Den Takt im Chor gebe allerdings nicht er, sondern eine Frau an – Doris Blau. 1998 hat sie ihre Chorleiterprüfung gemacht, seitdem schwingt sie in Schwansee den Taktstock – und hat in dieser Zeit schon viele personelle Veränderungen im Chor miterlebt. Geblieben ist über die Jahre das Durchschnittsalter von etwa 70 Jahren. Die wenigen „Jugendlichen“im Chor feierten bereits ihren 50. Geburtstag. Es sei schwer, junge Stimmen zu bekommen, erklärt Steinmetz, da die Jugend meist fernab der Heimat arbeite, an den Wochenenden meist Erholung in der Familie suche und sich lieber im zweiten kulturellen Standbein von Schwansee engagiert, im Carnevals-club.
Um den Fortbestand des Chores ist ihm trotzdem nicht bange, das 100. Jubiläum sei schon fest im Visier. Verluste und Neuzugänge hielten sich weiter die Waage. Unlängst erst habe er ein Versprechen eingefordert, bei dem angekündigt wurde: „Wenn ich im Ruhestand bin, dann singe ich mit!“
Letztendlich ginge es im Chor nicht nur um das Singen und Proben. Alljährlich gibt es auch eine „Chorfahrt“, die meist durch die Heimat oder in ein angrenzendes Bundesland führt. In diesem Jahr soll es erstmals gemeinsam mit dem Chor aus Großrudestedt auf Reise gehen. Um den Bus richtig ausnutzen zu können, aber auch um das gemeinsame Hobby zu pflegen. Organisiert wird die Ausfahrt in jedem Jahr von einer anderen Stimme, einmal von den Bässen, einmal von den Tenören... Verraten wird vorher nicht, wohin die Reise denn gehen wird.
In der seit 1924 geführten Chronik des Chores wird von einer Vielzahl von Ausflügen berichtet. In den ersten Jahren waren es Wandertage, danach ging es ins Land mit dem Bus. Für seinen ersten Ausflug hatte der Chor bereits 21 Lieder im Gepäck.
Von Beginn an wurde er für Sängerfeste, Gottesdienste und Familienfeiern gebucht. Altes deutsches Liedgut gehörte damals und heute zum bevorzugten Repertoire. Durch den Chor haben viele Lieder die Zeit überdauert.
Gefeiert wird in Schwansee am Samstag im Landgasthof. Ab 13 Uhr treffen die Chöre ein, von 14 bis 18 Uhr geben diese dann Kostproben aus ihrem Repertoire. Und am Abend wird es dann um 20 Uhr nach langer Zeit erstmals wieder einen „Sängerball“geben. Und mit Sicherheit wird der Chor auch wieder die kleine Freilichtbühne am Landgasthof füllen, die von den Sangesbrüdern 1954 zum 30. Jubiläum eigenhändig gebaut wurde. Sangeslustige Besucher sind jederzeit willkommen.