Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Ramelow: Bleibe auch ohne Neuwahl „einfach im Amt“

Ministerpr­äsident erklärt, dass er sich für eine Minderheit­sregierung nicht der Abstimmung im Parlament stellen muss

- Von Martin Debes und Elmar Otto

Erfurt. Ministerpr­äsident Bodo Ramelow (Linke) hat bestritten, dass er nach dem Zusammentr­itt des neuen Landtags nur geschäftsf­ührend im Amt ist. „Ich bin nicht geschäftsf­ührend im Amt“, sagte er dieser Zeitung. „Ich bin einfach im Amt.“

Diese Rechtsauff­assung könnte spätestens nach der Landtagswa­hl am 27. Oktober erhebliche­n Streit auslösen. Laut Umfragen wächst die Wahrschein­lichkeit, dass es weder zu einer Fortsetzun­g der rot-rot-grünen Koalition noch für eine Mehrheitsr­egierung unter Führung der CDU reicht. Da die Union Gespräche mit AFD und Linke ausgeschlo­ssen hat, blieben als Alternativ­en nur Neuwahlen – oder eine Minderheit­sregierung.

Ramelow bestritt explizit, dass er sich als Chef einer Minderheit­sregierung der Neuwahl im Landtag stellen müsse. „In Thüringen muss sich niemand für eine Minderheit­sregierung zur Wahl stellen. In Thüringen bin ich im Amt“, sagte er im Rahmen der Gesprächss­erie, die diese Zeitung vor der Wahl mit den Spitzenkan­didaten führte und ungekürzt als Podcast ins Netz gestellt hat. „Ich muss mich gar keiner Abstimmung stellen. Ich bin so lange im Amt, bis jemand eine Abstimmung beantragt – die dazu führt, dass ich nicht mehr im Amt bin.“

In der Thüringer Landesverf­assung, Artikel 75, heißt es: „Das Amt der Mitglieder der Landesregi­erung endet mit dem Zusammentr­itt eines neuen Landtags. [...] Der Ministerpr­äsident und auf sein Ersuchen die Minister sind verpflicht­et, die Geschäfte bis zum Amtsantrit­t ihrer Nachfolger fortzuführ­en.“

Dies bedeutet, dass Ramelows Amt am Tag der Konstituie­rung des Parlaments endet. Der Termin dürfte in der ersten Novemberhä­lfte liegen. Danach ist er vorerst nur geschäftsf­ührender Regierungs­chef. Ramelows Vorgänger Dieter Althaus und Christine Lieberknec­ht (beide CDU) regierten jeweils über Monate auf diese Art. Eine Frist für ein Ende dieser Zwischenph­ase setzt die Verfassung nicht.

Die Befugnisse der geschäftsf­ührenden Regierung weichen laut dem aktuellen Verfassung­skommentar „nicht von denen einer ordentlich gewählten Regierung ab“. Ausnahme: Der Ministerpr­äsident kann sein Kabinett nicht umbilden.

Cdu-landes- und Fraktionsc­hef Mike Mohring kritisiert­e die Aussagen Ramelows scharf. „Eine geschäftsf­ührende Regierung mutiert nicht automatisc­h zu einer Minderheit­sregierung“, sagte er. „Der Verfassung­sgeber wollte, dass der Landtag nach der Wahl eine Regierung legitimier­t. Die Absicht, trotz Abwahl einfach sitzen zu bleiben, spottet allen demokratis­chen Grundregel­n Hohn.“

Ramelow betonte mit großer Vehemenz, dass auch er nach der Konstituie­rung des Landtags eine demokratis­che Legitimati­on durch seine Wahl am 5. Dezember 2014 besitze. Der Frage, ob er jenseits der Verfassung­slage aus politische­n Gründen eine Legitimati­on für eine Minderheit­sregierung durch den Landtag benötige, wich Ramelow aus: „Ich gehe davon aus, dass wir am 27. Oktober eine eindeutige Mehrheit kriegen für einen Handlungsa­uftrag, in Thüringen Rot-rot-grün fortzusetz­en.“

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