Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Ramelow: Bleibe auch ohne Neuwahl „einfach im Amt“
Ministerpräsident erklärt, dass er sich für eine Minderheitsregierung nicht der Abstimmung im Parlament stellen muss
Erfurt. Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hat bestritten, dass er nach dem Zusammentritt des neuen Landtags nur geschäftsführend im Amt ist. „Ich bin nicht geschäftsführend im Amt“, sagte er dieser Zeitung. „Ich bin einfach im Amt.“
Diese Rechtsauffassung könnte spätestens nach der Landtagswahl am 27. Oktober erheblichen Streit auslösen. Laut Umfragen wächst die Wahrscheinlichkeit, dass es weder zu einer Fortsetzung der rot-rot-grünen Koalition noch für eine Mehrheitsregierung unter Führung der CDU reicht. Da die Union Gespräche mit AFD und Linke ausgeschlossen hat, blieben als Alternativen nur Neuwahlen – oder eine Minderheitsregierung.
Ramelow bestritt explizit, dass er sich als Chef einer Minderheitsregierung der Neuwahl im Landtag stellen müsse. „In Thüringen muss sich niemand für eine Minderheitsregierung zur Wahl stellen. In Thüringen bin ich im Amt“, sagte er im Rahmen der Gesprächsserie, die diese Zeitung vor der Wahl mit den Spitzenkandidaten führte und ungekürzt als Podcast ins Netz gestellt hat. „Ich muss mich gar keiner Abstimmung stellen. Ich bin so lange im Amt, bis jemand eine Abstimmung beantragt – die dazu führt, dass ich nicht mehr im Amt bin.“
In der Thüringer Landesverfassung, Artikel 75, heißt es: „Das Amt der Mitglieder der Landesregierung endet mit dem Zusammentritt eines neuen Landtags. [...] Der Ministerpräsident und auf sein Ersuchen die Minister sind verpflichtet, die Geschäfte bis zum Amtsantritt ihrer Nachfolger fortzuführen.“
Dies bedeutet, dass Ramelows Amt am Tag der Konstituierung des Parlaments endet. Der Termin dürfte in der ersten Novemberhälfte liegen. Danach ist er vorerst nur geschäftsführender Regierungschef. Ramelows Vorgänger Dieter Althaus und Christine Lieberknecht (beide CDU) regierten jeweils über Monate auf diese Art. Eine Frist für ein Ende dieser Zwischenphase setzt die Verfassung nicht.
Die Befugnisse der geschäftsführenden Regierung weichen laut dem aktuellen Verfassungskommentar „nicht von denen einer ordentlich gewählten Regierung ab“. Ausnahme: Der Ministerpräsident kann sein Kabinett nicht umbilden.
Cdu-landes- und Fraktionschef Mike Mohring kritisierte die Aussagen Ramelows scharf. „Eine geschäftsführende Regierung mutiert nicht automatisch zu einer Minderheitsregierung“, sagte er. „Der Verfassungsgeber wollte, dass der Landtag nach der Wahl eine Regierung legitimiert. Die Absicht, trotz Abwahl einfach sitzen zu bleiben, spottet allen demokratischen Grundregeln Hohn.“
Ramelow betonte mit großer Vehemenz, dass auch er nach der Konstituierung des Landtags eine demokratische Legitimation durch seine Wahl am 5. Dezember 2014 besitze. Der Frage, ob er jenseits der Verfassungslage aus politischen Gründen eine Legitimation für eine Minderheitsregierung durch den Landtag benötige, wich Ramelow aus: „Ich gehe davon aus, dass wir am 27. Oktober eine eindeutige Mehrheit kriegen für einen Handlungsauftrag, in Thüringen Rot-rot-grün fortzusetzen.“