Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

„Ein halbes Jahr habe ich gegessen, was mir in den Weg kam“

Basketball-star Dirk Nowitzki genießt nach Karriereen­de das Leben mit Familie und will bald wieder etwas Sport treiben

- Von Björn Goldmann

Supercup an Schwerin

Schwerins Frauen haben den Volleyball-supercup gewonnen. Mit 3:1 gelang ein verdienter Erfolg über Meister Stuttgart. Bei den Herren siegten erstmals die Berlin Volleys mit 3:0 souverän über Friedrichs­hafen.

Tennis-doppel siegt

Das Tennis-doppel Kevin Krawietzan­dreas Mies hat in Antwerpen seinen ersten Turniersie­g seit dem Triumph bei den French gefeiert.

Görges verliert Finale

Julia Görges hat den erneuten Titelgewin­n beim Turnier in Luxemburg und damit den achten Einzel-titel ihrer Karriere verpasst. Im Endspiel unterlag die 30-Jährige der früheren FrenchOpen-siegerin Jelena Ostapenko aus Lettland 4:6, 1:6.

Kiel in der Erfolgsspu­r

THW Kiel hat in der HandballCh­ampions League seine Erfolgsser­ie fortgesetz­t und in Montpellie­r mit 33:30 den vierten Sieg im fünften Spiel gefeiert. Flensburg wurde von Aalborg mit der 28:31-Auswärtsni­ederlage in der Tabelle überholt. Frankfurt/main. Wer zu einem der größten deutschen Sportler möchte, muss hoch hinaus. In den 16. Stock eines Gebäudes im Frankfurte­r Bankenvier­tel, wo Dirk Nowitzki braungebra­nnt und mit guter Laune erscheint. Die Buchmesse läuft, der 41-Jährige unterstütz­t den Autor Thomas Pletzinger bei der Präsentati­on des Buchs „The Great Nowitzki“. Wie der Titel verrät, geht es um Nowitzki, Deutschlan­ds Basketball­legende im Ruhestand. Vor der Präsentati­on nimmt sich Nowitzki Zeit, um mit einer ausgewählt­en Gruppe von Journalist­en zu sprechen. Über sein Karriereen­de im April, über Druck, Geld und seine Popularitä­t. Über die Vergangenh­eit, die Gegenwart – und die Zukunft.

Herr Nowitzki, wie hat er sich denn angefühlt, der erste Sommer ohne Druck?

Sehr gut. Aber langsam kribbelt es wieder. Kommende Woche beginnt ja die neue Nba-saison. Da werde ich mit Sicherheit ein paar Spiele gucken, auch wenn ich versuche, erst einmal ein Jahr lang ein bisschen Abstand zu gewinnen. Um Sachen zu machen, die ich während meiner Karriere nicht gemacht habe. Aber klar, es wird komisch sein. Das war es schon, als vor ein paar Wochen der Spielplan veröffentl­icht wurde. Normalerwe­ise guckt man sofort, gegen wen es im ersten Heimspiel geht, wo Weihnachte­n gespielt wird, wann es nach Los Angeles und wann nach New York geht. Diesmal habe ich einfach nur kurz draufgesch­aut, nicht wirklich engagiert. Sonst vermisse ich das Profileben bisher aber überhaupt nicht.

Gab es diesen einen Moment, in dem der innere Druck nachgelass­en hat und Sie sich nach 21 Nba-jahren gesagt haben: Das war‘s?

Nein, mit dem Kopf hatte das weniger zu tun. Der Körper hat einfach nicht mehr mitgespiel­t, mein Fuß war hinüber, die Schmerzen haben mir den Spaß genommen. Klar war die Sommervorb­ereitung immer eine Qual, aber das Spielen hat mir immer noch Spaß gemacht, wenn ich mal keine Schmerzen hatte. Ich könnte mich schon noch einmal für ein Jahr motivieren, es gibt ja ein paar junge tolle Spieler in Dallas, mit denen ich gerne noch zusammensp­ielen würde. Aber so wie der Fuß sich angefühlt hat, ist das unmöglich.

Im Laufe Ihrer Karriere haben Sie auf fast 200 Millionen Dollar verzichtet, damit die Dallas Mavericks das Geld anders investiere­n und das Team verstärken konnten. Weinen Sie dieser unglaublic­hen Summe manchmal nach?

Nein, gar nicht. Ich sehe mich weiterhin in der glückliche­n Lage, dass ich gutes Geld verdient habe – mit meinem Hobby. Das habe ich mir nie erträumen können. Ich wurde mit 23 zum bestbezahl­ten Spieler der Mavericks und war das für viele Jahre. Dass man im Sport überhaupt so viel Geld verdienen kann ist ja der Wahnsinn. Da setze ich mich jetzt nicht hin und erzähle, was ich alles hätte machen können.

Wie ist denn überhaupt Ihr Verhältnis zu Geld?

Es ist ein bisschen komisch. Es ist schön zu wissen, dass ich mir nie mehr Gedanken darüber machen muss, dass meine Kinder sich hoffentlic­h keine Gedanken mehr darüber machen müssen. Anderersei­ts bin ich gar nicht der Typ, der viel Wert auf materielle Dinge legt. Für mich war es immer das Ziel, genug zurückzule­gen, um nach der Karriere ein schönes Leben zu haben. Dass ich dann nur Jobs annehmen muss, die ich will. Alles andere war immer zweitrangi­g.

Sie wurden in jungen Jahren Profi, mit 23 zum bestbezahl­te Spieler in Dallas. Das bringt auch früh sehr viel Verantwort­ung mit sich. Hatten Sie manchmal das Gefühl, zu früh erwachsen geworden zu sein? Nein, ich glaube schon, dass ich meine Kindheit genossen habe. Ich wollte ja immer Sport treiben, zeitweise habe ich Basketball, Handball und Tennis gespielt, es ging nach der Schule von einem Training zum nächsten. Aber das wollte ich so, es hat mir Spaß gemacht. Auch, als die anderen Jungs dann in die Klubs gingen und ich Zweitligas­pieler wurde, habe ich immer versucht, einen guten Mittelweg zu finden. Ich war auch feiern, aber trotzdem weiter konzentrie­rt auf dem Spielfeld. Als es dann in die NBA ging, war das aber vorbei (lacht).

Im Buch gibt es eine Szene, in der Autor Thomas Pletzinger schildert, wie er nach dem Training für Sie die Tankfüllun­g bezahlt, um einen Fanauflauf zu verhindern. Nervt es manchmal, sich nicht unerkannt bewegen zu können? Das hat sich irgendwie so entwickelt, das ist Teil meines Lebens. Ich scheue aber normalerwe­ise vor solchen Sachen nicht zurück. Da hat es gerade gepasst. Aber ich kann mich trotzdem frei bewegen, ob ich nun in meiner Heimatstad­t Würzburg oder in Dallas bin, ich verstecke mich nicht die ganze Zeit im Haus (lacht). Klar kann ich samstagmit­tags nicht in Dallas in ein Einkaufsze­ntrum mit tausenden von Leuten gehen, aber man hat sein Netzwerk und seine Örtchen, die man mit der Familie ungestört aufsuchen kann. Ich glaube nicht, dass ich da so eingeschrä­nkt bin, dass ich mein Leben nicht mehr genießen kann.

Sie werden in Deutschlan­d gefeiert, sie werden in den USA geliebt. Wie fühlt sich das an, wenn man gleich zwei Nationen so berührt? Es ist natürlich Wahnsinn zu wissen, wie die Leute an meiner Karriere teilgenomm­en haben. So richtig gemerkt habe ich das eigentlich erst im Sommer 2011.

In dem Jahr, in dem Sie mit Dallas die Meistersch­aft gewannen.

Genau. Wie ich schon in Deutschlan­d am Flughafen empfangen wurde und dann diese Parade in Würzburg – einfach der Wahnsinn, wie es auch hierzuland­e verfolgt wurde, wie viele Leute sich die Nächte um die Ohren gehauen haben, um die Finalserie zu sehen. Das hat mir schon wahnsinnig viel bedeutet. Und auch als ich jetzt im Frühling aufgehört habe, und mir immer wieder gesagt wurde „Dallas loves you“, habe ich das anfangs zur Kenntnis genommen. Aber das heißt in dem Moment ja nichts. Erst, als ich danach ein bisschen Zeit hatte, in den sozialen Netzwerken Videos und im Fernsehen Reportagen von weinenden Frauen und Männern gesehen habe, weil ich aufgehört habe – das hat mich schon berührt.

Nach dem Karriereen­de wollten Sie vor allem eines: Pizza und Eis zum Frühstück essen. Wie steht es nun aktuell um die Fitness?

Ich habe fast sechs Monate lang gar nichts gemacht. Seit dem letzten Spieltag gab es kein Workout, mir hat einfach die Motivation, die Inspiratio­n gefehlt. Ich glaube aber schon, dass wenn ich jetzt zurückflie­ge nach Dallas, auch wieder eine Routine kommt, dass ich regelmäßig wieder Radfahren oder etwas anderes machen werde. Zumindest zwei-, dreimal die Woche, um den Körper ein bisschen zu bewegen. Aber den Plan, nach dem Karriereen­de erst einmal ein halbes Jahr nichts zu machen und zu essen, was mir in den Weg kommt, den hatte ich schon lange. Das Gewicht geht auch schon wieder runter und langsam habe ich wieder Lust, mich ein bisschen zu bewegen.

Um bildlich in der Stadt der Buchmesse zu bleiben: Was ist denn das nächste Kapitel in Ihrem Leben?

Ich mache gerade viele Sachen mit meiner Stiftung und versuche auch, ein bisschen in die Geschäftsw­elt reinzuschn­uppern und etwas zu finden, was mich interessie­rt. Aber erst einmal werden wir viel reisen mit der Familie, Weihnachte­n in Europa verbringen – und dann mal sehen, was nächstes Jahr so kommt. Ich werde mich auch mit den Mavericks noch einmal zusammense­tzen und gucken, was man künftig gemeinsam machen kann. Mein Herz schlägt für diesen Verein und wird es immer tun Von daher würde das Sinn machen. Aber da ist noch überhaupt nichts konkret. Jetzt steht erst einmal die Familie im Vordergrun­d.

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FOTO: SILAS STEIN Der gebürtige Würzburger Dirk Nowitzki () stellt sichtlich vergnügt seine von Thomas Pletzinger verfasste Biografie „The Great Nowitzki“in Frankfurt vor.
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