Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
„Deutschland hat ein Extremismusproblem“
Stefan Schröder tritt für die Alternative für Deutschland um das Mandat bei den Landtagswahlen an
zur AFD. Das sei keine Entscheidung aus einer Laune heraus gewesen. Er sei mehrfach angeeckt. Zweimal habe der damalige Vorsitzende der Jungen Union, Michael Hose (heute Fraktionschef der CDU im Erfurter Stadtrat und selbst Direktkandidat im Wahlkreis 24) Abmahnungen gegen ihn gefordert.
Als letztlich auslösende Momente für seinen Wechsel nennt Schröder zwei tätliche Angriffe: einen mit lebensbedrohlichen Folgen auf eine befreundete Polizistin bei der Räumung eines besetzten Hauses in Berlin (Rigaer Straße) und einen in Arnstadt auf ihn selbst. Den Vorfall habe die Polizei schnell aufgeklärt. Die Täter seien verurteilt.
Dennoch sagt Schröder; „Unsere Gesellschaft entwickelt sich rasant – und aus meiner Sicht in eine falsche Richtung.“ Dagegen wolle er etwas tun und deswegen kandidiere er.
Jetzt arbeitet Schröder als Referent für die Afd-landtagsfraktion. Er beschäftigt sich mit Haushalt und Finanzen. Ein übliches zweites Arbeitsfeld ist ihm nicht (mehr) zugeordnet. Er ist Schatzmeister der Landes-afd und damit für Wahlkampffinanzierung und Spendenverwaltung zuständig.
Seit den Wahlen im Frühjahr sitzt Stefan Schröder im Sömmerdaer Kreistag. Er ist AFDFraktionsvorsitzender. Ablehnung, sagt er, sei ihm nicht begegnet. Er könne den Landrat genauso anrufen wie alle anderen Fraktionsvorsitzenden. Allerdings sei es bisher nie um strittige Sachthemen gegangen. Der Kreistag habe sich ja gerade mal konstituiert. Demnächst gehe es um den Haushalt und dann werde sich zeigen, wie es um den Umgang miteinander tatsächlich bestellt sei.
Er lässt anklingen, dass er für sich da auch eines der Hauptthemen im Wahlkampf sieht. Er schätzt die finanzielle Lage der Kommunen als bedrohlich ein. Manche könne schon jetzt nicht mehr leisten, wozu sie eigentlich verpflichtet sei. Die Finanzausstattung müsse sich verbessern und die Kreisumlage dürfe die Lage nicht verschlimmern. Er ist überzeugt: „Das Geld ist da. Es muss nur anders verteilt werden!“In einem Wahlkampfauftritt in Schallenburg führte er die Kosten für die Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge als Beispiel an. Sie seien nicht einmal für diese selbst so extrem hoch, sondern dienten dem „Gelderwerb“derer, die sie betreuten. Auch kirchliche Einrichtungen. Für einen Mann, der sich als in einem stark gläubigen Elternhaus aufgewachsen und selbst gläubig bezeichnet, vielleicht erstaunlich. Schröder weicht der Frage, was es mit ihm tue, wenn gegen Veranstaltungen seiner Partei die Kirchenglocken läuten, nicht aus. Er ist aus der Kirche ausgetreten. „Das, was ich an Kirchensteuer spare, geht an Weihnachten in die Kollekte“, betont er, dass er mit der Pfarrerin in seinem Dorf und auch mit dem Apoldaer Superintendenten „gute Gespräche“führe. Mit der Kirchenleitung könne er dagegen nicht. „Für mich hat Christentum nichts mit Tempolimits auf Autobahnen und nichts damit zu tun, eigene Schiffe ins Mittelmeer zu schicken, um nach Flüchtlingen zu suchen. Das sind keine originären Aufgaben von Kirche.“ Vorwürfe, die AFD habe zumindest mit ihrer Rhetorik den Boden für eine Tat wie den Mord an zwei Menschen nach dem fehlgeschlagenen antisemitischen Anschlag auf die Hallenser Synagoge bereitet, will er nicht gelten lassen. „Deutschland hat ein Extremismusproblem, links, rechts, religiös“, sagt er. Vielleicht zeige sich das jetzt deutlicher, aber das habe es schon vor der AFD gegeben. Die habe übrigens eine im Internet für jeden einsehbare Unverträglichkeitsliste. Mitglied könne nur werden, wer nie in einer von aufgezählten 200 Vereinigungen war.
Im Leben trifft er, seit 3 Jahren mit Frau und zwei schulpflichtigen Söhnen in Eckstedt lebend, auf Sympathie, Gleichgültigkeit und Ablehnung. Letztes Jahr waren er und seine Frau das Prinzenpaar im Karneval. Diesmal ist er im Elferrat. Eine Tante hat jeglichen Kontakt zu ihm abgebrochen, als sie von seiner Parteitätigkeit erfuhr, eine Mutter die Freundschaft seines Sohnes mit dem ihren aufgekündigt, als sie den Vater auf Wahlplakaten erkannte. Er gibt die Erfurter Büroadresse für die Wahlsachen an, will so die Familie schützen. Wie lautet Ihr Lebensmotto? „Die Starken taten, was sie konnten. Die Schwachen litten, was sie mussten.“(Thukydides)
Was tun Sie morgens nach dem Aufstehen als erstes?
Meine Frau umarmen und ihr sagen, dass ich sie liebe.
Was war Ihr bisher schönstes Erlebnis?
Die Geburt meiner Kinder und die Hochzeit mit meiner Frau.
Und was war Ihr schlimmstes Erlebnis?
Mein Fallschirmabsturz und der Moment, in dem du realisierst, dass du keine Möglichkeit mehr hast, einen Aufschlag zu verhindern und du nicht weißt, ob du es überleben wirst.
Zwischen Normalität und Ablehnung
Ihr größtes Hobby?
Wenn es die Zeit mal zulässt, einen ruhigen Abend mit einem guten Film zusammen mit meiner Frau verbringen.
Ihr Lieblingsbuch?
„1984“von George Orwell.
Welche Art von Musik hören Sie am liebsten?
Am liebsten höre ich Klassik. Die 9. Sinfonie von Dvorák.
Ihr Lieblingsessen? Lasagne.
Was erzürnt Sie?
Dass der Mensch immer mehr in ein Hamsterrad gesteckt wird und keine Möglichkeit der freien Entfaltung mehr hat.
Ihre Stärken?
Ich kann sehr gut zuhören, gut reden und entwickele oft kreative Lösungen für Probleme. Laut meiner Frau kann ich gut verhandeln.
Ihre Schwächen? Ungeduld.
Haben Sie Haustiere? Ja, zwei Katzen.
Was mögen Sie eher: Sommer oder Winter?
Definitiv den Winter.
Wohin fahren Sie im Urlaub: lieber ans Meer oder eher in die Berge?
Am liebsten an einen ruhigen See.
Was würden Sie mit auf eine einsame Insel nehmen?
Ein Zelt, ein paar gute Bücher und ein großes Moskitonetz.
Und wen? Meinen Familie.