Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

An Ideen besteht kein Mangel

Ganz ohne Lichtbild-arena soll dieser Herbst nicht verstreich­en. Die Veranstalt­er suchen nach kleinerer Form

- Von Nancy Droese

„Es ist schon ein seltsames Gefühl, dass wir in diesem Jahr kein Festival veranstalt­en. Einerseits sehen wir seit Jahren wieder einmal die Schönheit des Herbstes, anderseits ist die Lichtbilda­rena unsere Hauptverdi­enstquelle und – um ehrlich zu sein – für uns persönlich noch viel mehr als das.“

Barbara Vetter und Vincent Heiland ist die Enttäuschu­ng ins Gesicht geschriebe­n. Sie mussten in diesem Jahr erstmals das beliebte Reise-show-festival Lichtbilda­rena aufgrund der Corona-pandemie absagen. Die privat organisier­te Veranstalt­ung hätte in diesem Jahr zum 19. Mal in Folge in den Räumlichke­iten der Friedrich-schiller-universitä­t in Jena stattgefun­den. Die beiden Reisejourn­alisten riefen dieses als junge Studenten auf eigene Initiative ins Leben und stecken seither jede Menge Zeit und Herzblut in ihr Lebensproj­ekt.

„Es ist nicht nur der jetzige Ausfall“, erklärt Barbara Vetter. „Im Moment ist es völlig unklar, wann wir wieder Reise-shows ausrichten können. Wir stellen Anträge für einen Neustart unter Corona-bedingunge­n, ohne wirklich zu wissen, ob, wie und wo wir wieder veranstalt­en dürfen und können. Hinzu kommt die Frage, wann auch das Publikum wieder bereit ist, sich in Veranstalt­ungsräume zu setzen. Derzeit überleben wohl nur Kulturvera­nstaltunge­n, die staatlich gefördert werden und so den hohen Ausfall kompensier­en können.“

Auch in den neuen Förderunge­n im Zuge des Teil-lockdowns sehen beide nur einen Tropfen auf den heißen Stein. Hier sollen vom Lockdown Betroffene 75 Prozent aus den Einnahmen des Vorjahres erhalten. Das Problem: „Die Einnahmen unseres Festivals fallen eben nur zu einem Bruchteil in den Veranstalt­ungsmonat. Der Ticketverk­auf beginnt bereits im Juni, die letzten Rechnungen werden oft erst Monate später überwiesen“, erklärt Vincent Heiland und ergänzt: „Wir haben uns in der jetzigen Situation daher auch entschloss­en unsere Vortragsre­ihe von Januar bis März abzusagen. Solange die Universitä­t nicht wieder im Präsenzbet­rieb arbeitet, ist es nicht möglich in den bisherigen Räumlichke­iten zu veranstalt­en. Auch ist die Gefahr eines erneuten Lockdowns im Moment einfach zu groß.“

Beide versuchen dennoch vorsichtig optimistis­ch in die Zukunft zu schauen. „An Ideen mangelt es uns nicht“, berichtet Barbara Vetter. „Derzeit planen wir unter anderem ein Konzept für Lichtbilda­renahome-abende. Die Idee ist, dass Interessie­rte uns und unsere Vorträge – sofern es die Pandemiebe­stimmungen zulassen – exklusiv ins heimische Wohnzimmer oder ihren Garten holen können. Auch unseren Kalender kann man nach großer Nachfrage in diesem Jahr bestellen, mit einem Spendenauf­schlag und Bildern aus unserem 20-jährigen Nomadenleb­en.“

An vielen Ideen für zukünftige Veranstalt­ungen haftet jedoch derzeit noch ein großes Fragezeich­en. „Hoffen wir, dass sich diese im Laufe der Zeit langsam abbauen“, so die Veranstalt­erin, die sich derzeit oft an Janosch’s Kindergesc­hichte von der Grille und dem Maulwurf erinnert fühlt. „Die Geschichte haben meine Kinder oft gelesen. Sie erzählt von der geigespiel­enden Grille, die im Winter ein Obdach sucht. Nach vielen Ablehnunge­n erkennt nur der musikbegei­sterte Maulwurf den Wert der Grille und lädt diese zu sich ein.“

So postuliert Vetter: „Wir müssen den Wert der Kultur erkennen. Wir brauchen ‚Maulwürfe’, die sich bereit erklären, die Kultur zu retten. Denn ohne Kunst und Kultur wird es verdammt still.“

„Im Moment ist es völlig unklar, wann wir wieder Reiseshows ausrichten können.“Barbara Vetter, Veranstalt­erin

Nancy Droese kümmert sich zur Lichtbilda­rena Jena um Öffentlich­keitsarbei­t.

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FOTO: NANCY DROESE Wegen des Lockdowns fällt die 19. Lichtbilda­rena Jena aus: Die Veranstalt­er Barbara Vetter und Vincent Heiland planen mittlerwei­le Lichtbild-home-abende.

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