Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
An Ideen besteht kein Mangel
Ganz ohne Lichtbild-arena soll dieser Herbst nicht verstreichen. Die Veranstalter suchen nach kleinerer Form
„Es ist schon ein seltsames Gefühl, dass wir in diesem Jahr kein Festival veranstalten. Einerseits sehen wir seit Jahren wieder einmal die Schönheit des Herbstes, anderseits ist die Lichtbildarena unsere Hauptverdienstquelle und – um ehrlich zu sein – für uns persönlich noch viel mehr als das.“
Barbara Vetter und Vincent Heiland ist die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Sie mussten in diesem Jahr erstmals das beliebte Reise-show-festival Lichtbildarena aufgrund der Corona-pandemie absagen. Die privat organisierte Veranstaltung hätte in diesem Jahr zum 19. Mal in Folge in den Räumlichkeiten der Friedrich-schiller-universität in Jena stattgefunden. Die beiden Reisejournalisten riefen dieses als junge Studenten auf eigene Initiative ins Leben und stecken seither jede Menge Zeit und Herzblut in ihr Lebensprojekt.
„Es ist nicht nur der jetzige Ausfall“, erklärt Barbara Vetter. „Im Moment ist es völlig unklar, wann wir wieder Reise-shows ausrichten können. Wir stellen Anträge für einen Neustart unter Corona-bedingungen, ohne wirklich zu wissen, ob, wie und wo wir wieder veranstalten dürfen und können. Hinzu kommt die Frage, wann auch das Publikum wieder bereit ist, sich in Veranstaltungsräume zu setzen. Derzeit überleben wohl nur Kulturveranstaltungen, die staatlich gefördert werden und so den hohen Ausfall kompensieren können.“
Auch in den neuen Förderungen im Zuge des Teil-lockdowns sehen beide nur einen Tropfen auf den heißen Stein. Hier sollen vom Lockdown Betroffene 75 Prozent aus den Einnahmen des Vorjahres erhalten. Das Problem: „Die Einnahmen unseres Festivals fallen eben nur zu einem Bruchteil in den Veranstaltungsmonat. Der Ticketverkauf beginnt bereits im Juni, die letzten Rechnungen werden oft erst Monate später überwiesen“, erklärt Vincent Heiland und ergänzt: „Wir haben uns in der jetzigen Situation daher auch entschlossen unsere Vortragsreihe von Januar bis März abzusagen. Solange die Universität nicht wieder im Präsenzbetrieb arbeitet, ist es nicht möglich in den bisherigen Räumlichkeiten zu veranstalten. Auch ist die Gefahr eines erneuten Lockdowns im Moment einfach zu groß.“
Beide versuchen dennoch vorsichtig optimistisch in die Zukunft zu schauen. „An Ideen mangelt es uns nicht“, berichtet Barbara Vetter. „Derzeit planen wir unter anderem ein Konzept für Lichtbildarenahome-abende. Die Idee ist, dass Interessierte uns und unsere Vorträge – sofern es die Pandemiebestimmungen zulassen – exklusiv ins heimische Wohnzimmer oder ihren Garten holen können. Auch unseren Kalender kann man nach großer Nachfrage in diesem Jahr bestellen, mit einem Spendenaufschlag und Bildern aus unserem 20-jährigen Nomadenleben.“
An vielen Ideen für zukünftige Veranstaltungen haftet jedoch derzeit noch ein großes Fragezeichen. „Hoffen wir, dass sich diese im Laufe der Zeit langsam abbauen“, so die Veranstalterin, die sich derzeit oft an Janosch’s Kindergeschichte von der Grille und dem Maulwurf erinnert fühlt. „Die Geschichte haben meine Kinder oft gelesen. Sie erzählt von der geigespielenden Grille, die im Winter ein Obdach sucht. Nach vielen Ablehnungen erkennt nur der musikbegeisterte Maulwurf den Wert der Grille und lädt diese zu sich ein.“
So postuliert Vetter: „Wir müssen den Wert der Kultur erkennen. Wir brauchen ‚Maulwürfe’, die sich bereit erklären, die Kultur zu retten. Denn ohne Kunst und Kultur wird es verdammt still.“
„Im Moment ist es völlig unklar, wann wir wieder Reiseshows ausrichten können.“Barbara Vetter, Veranstalterin
Nancy Droese kümmert sich zur Lichtbildarena Jena um Öffentlichkeitsarbeit.