Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Nerze übertragen neue Coronaviru­s-art

In Dänemark mehr als 200 Menschen angesteckt. Regierung lässt alle der rund 17 Millionen Tiere töten

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In Dänemark haben sich seit Juni mindestens 214 Menschen mit einer ursprüngli­ch bei Nerzen aufgetrete­nen Variante des Coronaviru­s infiziert. Das teilte das dänische Gesundheit­sinstitut SSI am Freitag mit. 200 der Fälle wurden in der Region Nordjütlan­d nachgewies­en. In dieser Region befinden sich besonders viele Nerzfarmen. Landesweit wurde Sarscov-2 bereits in 216 Zuchtanlag­en gefunden.

In Dänemark leben mehr Nerze als Dänen. Gezüchtet werden sie wegen ihres Felles für die Bekleidung­sindustrie. Mit etwa 15 bis 17 Millionen Nerzen auf rund 1200 Farmen ist Dänemark bislang der weltweit größte Produzent von Nerzfellen. Die dänische Regierung hatte bereits am

Mittwoch angeordnet, nun alle Nerze im Land töten zu lassen.

Das sogenannte Cluster-5-virus sei von den Tieren auf Menschen übertragba­r, so das SSI. Dabei handelt es sich um eine Mutation, die entstehen kann, wenn das Coronaviru­s von Menschen auf Nerze übertragen wird, sich in Tierbestän­den ausbreitet und dann wieder Menschen infiziert. Es sei zwar wohl nicht gefährlich­er, aber es bestehe das Risiko, dass die derzeit entwickelt­en Impfstoffe weniger gut gegen diese Variante wirken.

„Wir wussten seit langer Zeit, dass Frettchen infizierba­r sind. Nerze gehören wie Frettchen zur Familie der Marderarti­gen. Die Art der Haltung auf engem Raum ist für einen solchen Erreger die Möglichkei­t, sich in Beständen

explosions­artig auszubreit­en“, sagte der Präsident des Friedrich-loeffler-instituts (FLI) in Greifswald, Thomas Mettenleit­er, unserer Zeitung. Er hält den Einfluss einer solchen Mutation auf die weltweit laufende Suche mach einem Coronaviru­s-impfstoff jedoch für überschaub­ar. „Man fängt keinesfall­s bei Null an. Man müsste Impfstoffe dann etwas anpassen. Aber die Grundprinz­ipien bleiben natürlich gleich. Die Variante jetzt macht das Ganze nicht einfacher, aber sie ist jetzt auch nicht die Oberkatast­rophe.“Für die Pandemie-bekämpfung in Deutschlan­d hat die neue Coronaviru­s-variante in Dänemark zunächst keine Folgen. Hierzuland­e sei die Nerzhaltun­g als Pelztiere verboten, sagte Mettenleit­er.

Die Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO) sieht in den Fällen in Dänemark bislang keine erhöhten Risiken. Es habe bereits zahlreiche Mutationen von Sars-cov-2 gegeben, sagte Who-chef-wissenscha­ftlerin Soumya Swaminatha­n am Freitag in Genf. „Es ist zu früh dafür, voreilige Schlüsse zu ziehen, welche Folgen diese neue Mutation für die Übertragun­g, Schwere der Erkrankung, klinische Symptome, Immunantwo­rt oder mögliche Impfstoff-wirkung hat.“

Um eine weitere Ausbreitun­g der mutierten Form des Coronaviru­s zu vermeiden, wurden im Nordwesten Dänemarks scharfe Sicherheit­smaßnahmen angeordnet. Betroffen sind demnach mehr als 280.000 Menschen.

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