Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
„Es ist vorbei, Donald, ruf den Möbelwagen“
Us-präsident Trump hat die Wahl verloren, aber noch stemmt er sich gegen die Wirklichkeit – und kündigt neue Klagen an
Mick Mulvaney macht sich keine Sorgen, dass Donald Trump am Ende aller Rechtsstreitigkeiten seine Niederlage gegen Joe Biden „würdevoll eingesteht“. Der Ex-stabschef des Präsidenten gehört jedoch zu einer Minderheit in Washington. Sechs Tage nach der Wahl tut der Amtsinhaber noch so, als könne er die Realität zu seinen Gunsten verbiegen. Er habe gewonnen und mit 71 Millionen Stimmen so viel Zustimmung erhalten, wie sie ein amtierender Präsident noch nie bekommen habe, twitterte Trump am Wochenende mehrfach.
Was andere davon halten, bekam der 74-Jährige am Samstag nach der
Rückkehr von seinem Golfplatz in Sterling/virginia – wo ihn die Nachricht von Joe Bidens Sieg in Pennsylvania erreichte – zu spüren.
Als sich die Wagenkolonne dem Weißen Haus nähert, sah Trump zig Schaulustige, die ihn mit Buhrufen eindeckten: „Es ist vorbei, Donald, ruf den Möbelwagen.“
Noch denkt Trump nicht daran. Für den heutigen Montag kündigt er neue Klagen gegen die Wahlergebnisse an. Böse Dinge seien in manchen Bundesstaaten passiert, sagt Trump nebulös. Prominente Unterstützung in seiner Partei hat er für die Klagen nicht. Führende Republikaner haben schnell registriert, dass alle Versuche der Trumpkampagne gescheitert sind. In Michigan wollte Trump das Zählen der Stimmzettel unterbinden lassen, bis seine eigenen Wahl-beobachter das Prozedere aus der Nähe beaufsichtigen dürfen – Richter wiesen das als haltlos ab. In Wisconsin machte Trump Wahlbehinderungen durch Warteschlangen und defekte Wahlautomaten
geltend und verlangte eine Neuauszählung – auch abgewiesen. In Georgia führte Trump einen Wahlhelfer an, der beobachtet haben will, dass 53 Stimmzettel zu spät eingetroffen und gezählt worden seien – abgewiesen.
In Detroit ließ Trump klagen, weil bei der Auszählung republikanischen Wahlbeobachtern der Zutritt verweigert worden sei – in der richterlichen Anhörung stellte sich heraus, dass 100 Beobachter beider Parteien anwesend waren. In Nevada legte sich Trumps Ex-botschafter in Deutschland, Richard Grenell, ins Zeug und kündigte eine Klage an. Angeblich hätten mehrere Tausend Menschen widerrechtlich gewählt. Später erklärten Wahlleiter des Bundesstaates, dass es legitim ist, in Nevada zu wählen, auch wenn man dort nicht wohnt. In Pennsylvania werden nun noch Briefwahlstimmzettel ausgezählt, die dort bis 6. November, 20 Uhr, eingegangen sind und den Poststempel 3.11. tragen. Die Zahl ist laut Wahlleiterin Kathy Boockvar jedoch so gering, dass sie das Endergebnis nicht beeinflussen.
Verfassungsrechtler warnen Trump, dass sich kein Gericht von Behauptungen beeindrucken lässt. Je öfter er von gestohlener Wahl spreche, desto weniger würden Richter das ernst nehmen. Timothy O’brien, einst Trumps Biograf, sagt, es solle lediglich dessen Verliererimage unterdrückt werden.