Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Kimmich-schmerz trübt Freude
Bayern zementiert Vormachtstellung mit 3:2 beim BVB. Meniskuseinriss bei Topspieler
Als Joshua Kimmich das Bayern-gelände als Beifahrer seiner Freundin Lina am Sonntagmittag verließ, hatte er ein gequältes Lächeln aufgesetzt. Die schlimmsten Befürchtungen über die Schwere seiner Verletzung hatten sich offenbar nicht bestätigt, doch der unermüdliche Antreiber wird dem deutschen Rekordmeister in den kommenden Wochen fehlen. Laut kicker und tz hat sich Kimmich „nur“einen Meniskuseinriss im rechten Knie zugezogen. Ob er operiert werden muss, ist noch offen.
Die Freude über den 3:2 (1:1)-Erfolg im mitreißenden Geistergipfel beim Dauer-rivalen Borussia Dortmund hatte sich schon am Samstagabend beim schier unersättlichen Seriensieger in Grenzen gehalten, Kimmichs Verletzung trübte die gute Laune. So blieb der Jubelschrei von Trainer Hansi Flick nach dem erlösenden Schlusspfiff der einzige emotionale Ausbruch. „Neben seiner herausragenden Mentalität hat er eine enorme Qualität. Es wäre nicht einfach, ihn zu ersetzen“, sagte Flick schon nach dem Abpfiff über einen möglichen Ausfall seines „Schlüsselspielers“. Jetzt muss er Lösungen finden. Kimmich hatte die Verletzung nach seinem Foul an Erling Haaland selbst verschuldet. Mit Tränen in den Augen wurde er noch in der ersten Halbzeit vom Platz geführt.
Flick beteiligte sich danach nicht an Spekulationen über die Art der Verletzung, der Erfolgscoach wollte nach dem zehnten Pflichtspielsieg in Serie lieber über Fakten sprechen - und davon gab es nach dem furiosen Bundesliga-kracher und der zementierten Vormachtstellung genug. Zwei aberkannte Tore, die Verletzung von Kimmich, der Rückstand kurz vor der Pause – mit beeindruckender Mentalität steckten die Bayern trotz einer teils wackligen Defensive alle Rückschläge weg und wehrten wieder einmal den Angriff des Verfolgers ab. Fast demütig verneigte sich Flick nach dem Abpfiff vor Thomas Müller. „Das“, stellte der 55-Jährige im Aktuellen Sportstudio des ZDF klar, „galt der gesamten Mannschaft“. Die Mentalität, die Klasse, welche die Mannschaft zeige, sei herausragend: „Deshalb stehen wir da, wo wir stehen.“Und das ist nach sieben Spieltagen durch die Tore von Alaba (45.+4), Lewandowski (48.) und Sane (80.) wieder mal ganz oben.
Die psychologische Wirkung des Erfolgs auf die Konkurrenz ist nicht zu unterschätzen. „Es geht einfach darum, wer die Vorherrschaft hat in Deutschland. Das ist das Spiel, das wir spielen wollen, und dementsprechend gut fühlt es sich jetzt an, das Spiel gewonnen zu haben“, sagte Leon Goretzka: „Solche Siege sind doppelt wichtig für uns.“
Zwei Punkte beträgt der Vorsprung auf Leipzig, drei der auf Dortmund. Flick rechnet dennoch mit einem steinigen Weg auf der Jagd nach dem neunten Meistertitel in Serie. „Leipzig ist gut, Gladbach hat eine sehr gute Mannschaft. Leverkusen. Die Bundesliga ist im Moment sehr ausgeglichen“, sagte Flick nach einem „Spiel auf Augenhöhe“.auch wenn die Bayern erstmals seit 50 Jahren vier Bundesligaspiele in Folge gegen Dortmund gewannen, können die Konkurrenten Mut aus schöpfen. Die Münchner Abwehr geriet nicht nur bei den Gegentoren von Reus (45.) und Haaland (83.) in Nöte. „Bayern ist offensiv extrem stark, aber defensiv offen“, legte Mats Hummels den Finger in die Wunde.
Elf Gegentore nach sieben Spielen sind zu viel, in Dortmund wären weitere möglich gewesen. „Dortmund hat sich darauf konzentriert, auf unsere Fehler zu warten. Die gab es auch zu oft“, merkte Goretzka offen an.
Doch trotz aller Selbstkritik überwog am Ende die Zufriedenheit, „weil wir zum richtigen Zeitpunkt einen Schritt schneller und auch etwas abgezockter waren“, so Goretzka. Symbolisch stand dafür Lewandowski. Mit elf Toren nach sieben Spielen stellte er seinen Rekord aus dem Vorjahr ein. Seit seinem Wechsel 2014 aus Dortmund nach München traf der Pole im 22. Pflichtspiel gegen den BVB zum 19. Mal. Auch deswegen schwärmte Flick: „Das Spiel war sensationell gut.“