Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Die bösen Geister bezwungen

Vor sieben Wochen zweifelte Roglic an sich selbst. Bei der Spanien-rundfahrt wiederholt er seinen Vorjahrese­rfolg. Ackermann gewinnt Schlusseta­ppe

- Von Stefan Tabeling

Als Primoz Roglic bereits in Feierlaune war, sorgte Pascal Ackermann für ein Finale furioso der so speziellen Radsport-saison 2020. Der Sprintstar aus der Pfalz holte sich mit einem wuchtigen Sprint und minimalem Vorsprung den Sieg auf der Schlusseta­ppe der Vuelta und gehörte damit neben Gesamtsieg­er Roglic zu den Protagonis­ten auf den Straßen in Madrid. Der Slowene holte sich nach einem packenden Showdown am Vortag wie im Vorjahr den Vuelta-triumph, nachdem er ein bitteres Déjà-vu gerade noch abgewendet hatte.

Entspreche­nd gelöst war Roglic auf der Triumphfah­rt in der spanischen Hauptstadt. Bevor die Sprinter zum Zug kamen, wurden wie bei der Tour de France zu Beginn der komplett flachen Schlusseta­ppe bereits die Siegerfoto­s geschossen. Arm in Arm mit dem Gesamtzwei­ten Richard Carapaz und dem Dritten Hugh Carthy radelte Roglic an der Spitze des Feldes. „Das ist sehr besonders. Wir haben ein großes Ding geschafft. Ich bin stolz auf meine Leistung“, sagte Roglic, der nach Zieleinfah­rt sein Rad in die Höhe stemmte.

Für solche Jubelszene­n fehlte Ackermann die Kraft. Nach einem langen Sprint setzte sich Ackermann in einer Millimeter-entscheidu­ng vor dem Iren Sam Bennett und seinem deutschen Landsmann

Max Kanter durch. „Ich war mir nicht sicher, dass ich gewonnen habe. Ich bin so glücklich. Meine Teamkolleg­en haben mich super in Position gebracht“, so Ackermann.

Am Vortag hatte sich der frühere Skispringe­r Roglic einen großen Kampf mit Carapaz um den Gesamtsieg geliefert. „Ich hatte nicht immer alles unter Kontrolle, aber ich habe meine Aufgabe erledigt“, versichert­e Roglic. Sieben Wochen nach dem bitteren K.o. bei der Tour de France, als er am vorletzten Tag den scheinbar sicheren Gesamtsieg aus der Hand gegeben und das Gelbe Trikot im Einzelzeit­fahren an seinen jungen Landsmann Tadej Pogacar verloren hatte, war die Welt wieder in Ordnung. Dieses Mal war er nicht unter dem großen Druck eingebroch­en.

Für einen Moment sah es aber so aus, als ob die bösen Geister Roglic wieder einholen würden. Drei Kilometer vor dem Ziel attackiert­e Carapaz, der Mann aus Ecuador fuhr Sekunde um Sekunde heraus. Zwischenze­itlich wies das virtuelle Gesamtklas­sement nur noch 17 Sekunden Vorsprung für Roglic aus. Doch diesmal zeigte Tony Martins Teamkolleg­e keine Nerven.

Froome erhält Trophäe von 2011

Auch Chris Froome durfte vor der Schlusseta­ppe noch einmal auf das Podest klettern. Der viermalige Tour-de-france-sieger bekam die Trophäe für seinen Gesamtsieg 2011 überreicht. Dem Briten war der Sieg im vergangene­n Jahr mit acht Jahren Verspätung zugesproch­en worden, nachdem der ursprüngli­che Sieger Juan José Cobo wegen Abnormalit­äten im Biologisch­en Pass disqualifi­ziert wurde. „Das war ein wenig surreal, die Trophäe jetzt zu bekommen. Die Vuelta 2011 war der Wendepunkt in meiner Karriere. Danach hatte ich das Selbstvert­rauen, die Gesamtwert­ung bei großen Rundfahrte­n in Angriff zu nehmen“, sagte Froome.

Für Froome ging am Samstag eine Ära zu Ende. Es war sein letztes Rennen für den Ineos-rennstall (vormals Sky). Im nächsten Jahr fährt er für das Team Israel Start-up Nation.

 ?? FOTO: OSCAR DEL POZO / AFP ?? Siegerfaus­t: Primoz Roglic gewinnt die Vuelta.
FOTO: OSCAR DEL POZO / AFP Siegerfaus­t: Primoz Roglic gewinnt die Vuelta.

Newspapers in German

Newspapers from Germany