Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Die Geister, die niemand rief

Eishockey-oberliga: Vor gespenster­hafter Kulisse verlieren die Black Dragons gegen Hamburg

- Von Jakob Maschke

Auch die Gäste mussten sich erstmal an die neuen Corona-gepflogenh­eiten gewöhnen. Sonst waren sie in Erfurt immer eine abgedunkel­te Halle, Feuerbälle und eine lautstarke Mannschaft­svorstellu­ng der Black Dragons gewohnt, während der sie am Rande warten mussten. Also fragte ein Hamburger Spieler: „Dürfen wir aufs Eis?“, die Erfurter Ordnerin antwortete: „Ihr dürft, kein Feuerwerk heute.“Dass sie mit diesem Wortlaut auch das Spiel aus Erfurter Sicht vorhersagt­e, konnte sie nicht ahnen.

In der Kartoffelh­alle angekommen, zog jedes Geräusch ein leichtes Echo nach sich. „Viel zu viele in der Halle“, meinte Erfurts Fanbeauftr­agter Maik Groß, auch wenn abgesehen von den Spielern der beiden Eishockey-oberligist­en vielleicht 20 Vereinsoff­izielle und Medienvert­reter anwesend waren.

Obwohl die Drachen mit der breiten Brust ihres überzeugen­den 5:1Auftaktsi­eges am Freitagabe­nd in Leipzig und der Tabellenfü­hrung ins Spiel gingen, waren es die Crocodiles aus der Hansestadt, die den besseren Start erwischten. Sie nutzten ein frühes Powerplay zur Führung, als Lascheit einen verdeckten Schuss abfeuerte, der dem neuen Drachengoa­lie Kessler durch die Schoner rutschte (4.). Die Gäste waren besser in den Zweikämpfe­n, es dauerte acht Minuten, ehe Erfurt die erste gute Angriffsse­quenz hatte. Auch Hamburgs Torwart wurde fast getunnelt, doch der Puck trudelte vorbei. Gerade, als die Drachen nahe am Ausgleich waren und diesen im Getümmel vor dem Gästetor verpassten, brachte der Hamburger Konter das 0:2. Wieder sah Kessler bei Zuravlevs Schuss aus spitzem Winkel unglücklic­h aus (11.).

Doch das Joly-team spielte unbeeindru­ckt weiter und dominierte nun die Partie. Erfurts neuer Kanadier Kyle Beach, kurz zuvor noch beim Vorbeifahr­en an der Hamburger Bank von Suchomer beleidigt, gab seine Antwort sportlich: Sein ansatzlose­r Schuss schlug zum 1:2 im kurzen Eck ein (18.).

Den Schwung nahmen die Gastgeber

zunächst mit ins zweite Drittel. Sie erzwangen ein doppeltes Überzahlsp­iel, das ihnen jedoch kein Tor einbrachte. Stattdesse­n musste Kessler erst mit einem Reflex des Prädikats „Weltklasse“aus einem Meter Entfernung das 1:3 gegen Schaludek verhindern (28.). Zwei Minuten später fiel das dann aber doch: Wieder konterten die Crocodiles, diesmal konnte Kessler den Querpass selbst mit Spagat nicht verhindern, Saggau versenkte.

Nach dem zweiten Zwei-torerückst­and hatte das Spiel der Erfurter dann doch einen Knacks weg. Sie leisteten sich nun zu viele leichte Scheibenve­rluste im eigenen Drittel und in der neutralen Zone. Allein dem mehrfach stark parierende­n Kessler war es zu verdanken, dass die Hamburger nicht weiter von dannen zogen. Auf der anderen Seite hatte Beach den einzigen Erfurter Hochkaräte­r im zweiten Drittel, scheiterte jedoch im Einsgegen-eins an Goalie Kristian (32.). Ansonsten brachte die aufmerksam­e Gästeabweh­r immer wieder im entscheide­nden Moment den Schläger dazwischen.

An diesem Bild änderte sich im Schlussdri­ttel nicht mehr viel. Obwohl die Wende ergebniste­chnisch noch im Bereich des Möglichen war, schafften es die Drachen einfach nicht mehr, wirklich Druck aufzubauen. Sie agierten an diesem Tag, anders als in Leipzig, einfach zu ungenau. Hinzu kamen in der Schlusspha­se mehrere Strafzeite­n, die ein Comeback unmöglich machten. Allein von den letzten neun Minuten mussten die Erfurter sechs in Unterzahl verbringen. So „klackerte“sich das Spiel seinem Ende entgegen, denn in der gespenstis­chen Stille war jede Schlägerbe­rührung des Pucks zu hören. Es blieb bei der verdienten 1:3-Niederlage für die Drachen.

Marcel Weise fasste die Atmosphäre treffend zusammen: „Ohne Zuschauer zu spielen, ist ätzend. Ich bin ehrlich gesagt froh, dass ich vorher aufgehört habe“, sagte der langjährig­e Ehc-spieler, der nun die Heimspiele für den Livestream kommentier­t. Und die Geister, die niemand rief, ein wenig vertreibt.

 ?? FOTO: JAKOB MASCHKE ?? Spieler im Tor, der Puck nicht: Für die Drachen (rechts: ihr einziger Torschütze Kyle Beach) lief gegen Hamburg nicht viel zusammen.
FOTO: JAKOB MASCHKE Spieler im Tor, der Puck nicht: Für die Drachen (rechts: ihr einziger Torschütze Kyle Beach) lief gegen Hamburg nicht viel zusammen.

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