Thüringer Allgemeine (Sömmerda)

Habecks Botschaft: Gehen Sie weiter, es gibt nichts zu sehen

Die Opposition versucht den Vizekanzle­r im Bundestags­ausschuss in die Mangel zu nehmen – doch der Minister gibt sich gelassen

- Tim Kummert

Berlin. Es ist ein sonniger Freitagmor­gen, als Robert Habeck zum politische­n Gefecht erscheint. Im Paul-löbe-haus des Bundestage­s steht eine Sondersitz­ung des Energieaus­schusses an. Einige Abgeordnet­e werfen Habeck vor, er könne es nicht: Er sei ein Wirtschaft­sminister, der sich Fakten so zurechtdre­he, wie es ihm passe. Der den Ausstieg aus der Atomenergi­e durchsetzt­e – wider besseres Wissen. Das sollen Dokumente belegen, die das Magazin „Cicero“enthüllt hat. Vom „Habeck-verhör“ist die Rede an diesem Morgen, mancher munkelt gar von Rücktritt.

Als Habeck an den aufgebaute­n Mikrofonen vorbeikomm­t, fragt er die Journalist­en, ob sie schon ein Statement haben wollen. Sie wollen natürlich. Habeck wartet, bis die Kameras eingestell­t, die Scheinwerf­er aufgebaut sind. Er witzelt: „Strom ist genug da.“Dann sagt er mit fester Stimme: „Wir müssen feststelle­n, dass alle Unkenrufe sich nicht bewahrheit­et haben: Die Energiever­sorgung ist komplett gesichert.“Verhör? Rücktritt? War da was? Habeck lächelt, nein, er strahlt. Und sagt dann, er freue sich auf die Sitzung.

Es ist ein wichtiger Tag für Habeck. Die CDU versucht, maximalen Druck auf ihn auszuüben. Und

Habeck versucht, maximale Gelassenhe­it zu demonstrie­ren. Die Sitzung im Ausschuss zeigt, dass der Minister wieder in die Offensive kommen möchte. Seine Botschaft: Der Ausstieg aus der Kernenergi­e war richtig, vertuscht oder verdreht wurde nichts.

Ein Hauptvorwu­rf vom „Cicero“lautet: Die Bewertunge­n wurden im Haus von Habeck so geändert, dass ein Weiterbetr­ieb der Reaktoren unmöglich erschien – obwohl Experten ihn sicherheit­stechnisch für möglich hielten. Habeck sagt, das sei nicht zutreffend. Und um das gleich mal zu bekräftige­n, lässt er ein Papier an den Ausschuss verteilen – 23 Seiten, die vorher geheimen Akten, die nur der „Cicero“hatte, sind nun öffentlich. Auch unserer Redaktion liegt das Papier vor, in dem zwar noch einiges geschwärzt ist. Doch die Botschaft des Ministers soll sein: Wir haben nichts zu verbergen, gehen Sie weiter, es gibt hier nichts zu sehen.

Nach exakt einer Stunde verlässt Habeck die Sitzung und erinnert daran, dass der Atomaussti­eg einst von Union und FDP beschlosse­n worden war. Ihm hätten die Betreiber im März 2022 versichert, dass die Brenneleme­nte Ende des Jahres ausgebrann­t sein würden. „Später wurde diese Informatio­n dann korrigiert“, so Habeck. Infolgedes­sen sei die Laufzeit verlängert worden. Soll heißen: Dafür, dass die Akwbetreib­er ihre Einschätzu­ng geändert haben, können wir nichts. Ob er denn der Einsetzung eines Untersuchu­ngsausschu­sses, was die Union fordert, gelassen entgegense­he? „Absolut“, entgegnet Habeck und geht in Richtung Aufzug.

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DPA Christian Dürr, Fraktionsv­orsitzende­r der FDP, im Bundestag.
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DPA Minister Robert Habeck (Grüne) verlässt die Ausschusss­itzung.

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