Thüringer Allgemeine (Sömmerda)
Enorme Frostschäden auf Plantagen
Eine einzige eiskalte Nacht sorgt in Kindelbrück für einen Totalausfall bei Pflaumen und für schwere Verluste bei anderen Obstarten. Warum am Wochenende trotzdem alle bester Laune waren
Ilona Stark
Kindelbrück. In Scharen strömen die Besucher am Samstag zur Kindelbrücker Obstbau eG. Die Landwirte haben zum traditionellen Blütenfest eingeladen und ein buntes Programm mit Angeboten für Jung und Alt vorbereitet. Bei bestem Wetter kommen Hunderte auf das Betriebsgelände. Viele nutzen die Möglichkeit zu einem Blick hinter die Kulissen des Obstanbaus.
Gut gelaunt führen Vorstand Axel Swoboda und weitere Mitarbeiter Interessierte durch die Vermarktung und zeigen den Weg, den Äpfel, Spargel und andere Erzeugnisse von der Ernte bis zum Verbraucher nehmen. Dabei hätten die Obstbauern allen Grund, um Trübsal zu blasen. Der Nachtfrost vor wenigen Tagen sorgte für enorme Schäden auf den Plantagen.
Das wird ein ganz bitteres Jahr. Aber das Schöne ist, es gibt jedes Jahr wieder einen neuen Anlauf. Axel Swoboda, Vorstand der Obstbau-Genossenschaft
Gegen Mitternacht des 23. April bis gegen 7.30 Uhr des nächsten Morgens sei die Temperatur unter minus drei Grad gefallen, berichtet Axel Swoboda. Das habe zu einem Totalausfall bei den Pflaumen und den zeitigen Süßkirschen geführt, bei den späten Süßkirschen erwarte er noch etwa die halbe Ernte.
Höchstens halbe Erntemenge bei Äpfeln zu erwarten
Auch bei den Äpfeln, mit 226 Hektar die Obstart mit der größten Anbaufläche rund um Kindelbrück, seien schwere Schäden zu verzeichnen. Auf höchstens die halbe Menge sei da noch zu hoffen. „Das wird ein ganz bitteres Jahr für uns“, sagt der Vorstand.
Gegensteuern könne man kaum auf den riesigen Flächen – die Kindelbrücker betreiben auf knapp 325
Hektar Obstbau. Und in dieser folgenschweren eiskalten Nacht seien auch gleich drei Dinge zusammengekommen: Die Temperatur sank sehr tief in den Minusbereich, der Frost hielt sieben lange Stunden an und es herrschten nicht nur am Boden Minusgrade. Es habe sich um einen sogenannten Windfrost gehandelt, der Luftschichten bis in die Höhe betrifft, da seien Frostverhütungsmaßnahmen sowieso kaum wirksam.
Aber solche Jahre gebe es nun mal. „Das Schöne ist, es gibt jedes Jahr einen neuen Anlauf“, sieht es
Swoboda pragmatisch. „Willkommen in der Vermarktung! Darf ich Ihnen etwas zeigen?“, wendet er sich der nächsten Besuchergruppe zu. Die Abläufe transparent darzustellen sowie die Mühe, die es braucht, bevor das Obst beim Kunden ankommt, und damit mehr Wertschätzung für Lebensmittel zu wecken, ist ein Ziel des Festes.
Einen Schwerpunkt der Arbeit bildet im Moment der Spargel. Am 2. April wurde die erste kleine Menge gestochen, derzeit holen 14 Erntehelfer täglich rund 1,5 Tonnen aus dem Boden. Das werde sich noch auf etwa 2,5 Tonnen pro Tag steigern, sagt Axel Swoboda. Auf 13 Hektar bauen die Kindelbrücker das Edelgemüse an. Geschützt unter Folien hat der Spargel den Frost ohne Schaden überstanden.
Verkauft wird er ausschließlich an Ständen in Heldrungen, Weißensee, Sömmerda und Kölleda sowie im Hofladen des Kindelbrücker Obstbau. Dort herrscht am Samstag ebenfalls reger Betrieb. Neben Spargel gehen auch viele Äpfel über die Ladentheke, insgesamt rund 1300 Tonnen sind noch für die Vermarktung eingelagert.
Gut genutzt wird zum Blütenfest auch die Gelegenheit zu Flurfahrten durch die Plantagen. Die Traktorenund Oldtimerfreunde Riethgen unterstützen die Obstbauern dabei. Katrin Beutler ist eine der Mitarbeiterinnen, die die Gäste auf der Fahrt begleiten. Sie weiß viel zum Anbau zu erzählen. Auch die Frostschäden kommen zur Sprache.
Leider sind auch die ersten Erdbeeren erfroren, obwohl Vlies auf ihnen liegt. Doch die Pflanzen erholen sich und bilden neue Früchte, sagt Katrin Beutler und lädt alle schon zur Selbstpflücke ein.